Gazprom-Chef: „Nie mehr Preise wie vor fünf Jahren“

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Gazprom-Chef Alexej Miller im „Presse“-Gespräch.

Die Presse: Gazprom expandiert, die Förderung zu Hause stagniert jedoch. Kann Gazprom alle Lieferverpflichtungen gegenüber dem Westen einhalten?

Alexej Miller: Da kann ich Sie beruhigen: Gazprom verfügt über das nötige Produktionspotenzial sowie die weltweit größten Erdgasreserven und investiert allein dieses Jahr über 30 Mrd. Dollar. Aber das Einspeichern von Erdgas ist teuer. Deshalb produzieren wir immer nur so viel Erdgas, wie für den Verkauf nötig ist. Der leichte Produktionsrückgang 2007 ist auf den warmen Winter zurückzuführen und nicht auf mangelnde Investitionen.

Die aber können stocken, wie man bei der geplanten Pipeline Nord Stream von Russland durch die Ostsee nach Europa sieht. Die Kosten explodieren, es gibt Widerstand wegen ökologischer Probleme?

Miller: Vor einigen Tagen haben die Aktionäre der Nord Stream einen präzisierten Businessplan angenommen, der kein Ausgabenwachstum vorsieht. Was die Umwelt angeht, so werden wir den zuständigen staatlichen Behörden innerhalb eines Monats eine Studie vorgelegen. Nord Stream ist wasserdicht.

Im Süden kämpft das EU-Projekt Nabucco mit Gazprom um die Reserven in Turkmenistan und Usbekistan. Wie weit hat sich Gazprom die Reserven gesichert?

Miller: Zur Nabucco-Pipeline kann ich nichts sagen, da sich Gazprom an diesem Projekt nicht beteiligt und auch keine Ressourcen dafür bereitstellt. Gazproms Projekte mit den mittelasiatischen Partnern sind jedenfalls durch die Fördermöglichkeiten der jeweiligen Länder gedeckt.

Sie erschrecken den Westen immer wieder mit dem Drohgebilde einer Gas-Opec. Droht den Abnehmern ein Kartell der Gasförderer?

Miller: Man kann die gerade getroffenen Vereinbarungen mit Katar und dem Iran nicht mit einer Gas-Opec vergleichen. Bei uns geht es um regionale Märkte mit langfristigen Lieferverträgen, da kann kein Kartell wie die Opec kurzfristig und weltweit die Preise beeinflussen.


Wie viel muss der Westeuropäer 2009 für russisches Erdgas zahlen?

Miller: Im Juli hatten wir vorhergesagt, dass der Gaspreis für Europa bis Ende 2008 etwa 500 Dollar pro 1000 Kubikmeter erreichen wird, was bereits Anfang Oktober der Fall war. In den kommenden Monaten wird der Preis eher fallen. Für die nächsten Jahre aber ist klar, dass es kein Zurück zu den Preisen von vor fünf bis zehn Jahren geben wird.


Sie haben die Regierung um Hilfe bei der Refinanzierung von Auslandsschulden gebeten. Welche konkreten Auswirkungen hat die Finanzkrise bislang für Gazprom?

Miller: Wir haben wie alle den Effekt der globalen Finanzmarktkrise zu spüren bekommen. Dennoch machen wir uns keine Sorgen um unsere finanzielle Position oder unsere Fähigkeit, weitere Finanzierungslinien bei ausländischen Banken aufzunehmen. Für uns ist die staatliche Hilfe vor allem ein Sicherheitsnetz, das auch unsere Aktionäre beruhigen soll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2008)

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