Immobilien-Krise erfasst Osteuropa

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Nach der internationalen Nachfrage bricht auch jene von Einheimischen weg. Nicht nur neue Wohnungen stehen leer, auch jedes zehnte Büro in Bratislava.

WIEN. Die Lage an den Immobilienmärkten von Zentral- und Osteuropa spitzt sich zu. Nicht nur ausländische Investoren haben ihre Expansionspläne auf Eis gelegt, auch einheimische Firmen bleiben lieber in ihren alten Büros, Private in ihren Plattenbauwohnungen. Das geht aus den jüngsten Zentral- und Osteuropa-Marktberichten der CPB Immobilientreuhand hervor.

In Bratislava stehen nicht nur Luxuswohnungen (mit Kaufpreisen von mehr als 3000 Euro pro Quadratmeter) zunehmend leer, weil die Mitarbeiter internationaler Konzerne ausbleiben. Einheimische Durchschnittsverdiener bekommen vielfach keinen Kredit mehr. Einen Mietwohnungsmarkt, der von Krisen nicht so schnell getroffen wird, gibt es in Osteuropa kaum. Das rächt sich jetzt.

Autokrise trifft die Slowakei

Doch nicht nur neue Wohnungen stehen leer, auch jedes zehnte Büro in Bratislava. Ausländische Konzerne, von denen bisher die größte Nachfrage kam, bleiben fern. Besonders hat trifft die Autokrise den Markt für Lagerhallen und Umschlagplätze, sogenannte „Logistikimmobilien“. Solche zählten in den vergangenen Jahren zu jenen Projekten, die in Relation zum eingesetzten Kapital die höchsten Erträge abwarfen. Dann kam die Krise der Autoindustrie, die die Slowakei und Tschechien besonders hart traf. 10,7Prozent der Logistikfläche in Bratislava und elf Prozent von jener in Prag stehen leer, Tendenz steigend. Auf dem Prager Büromarkt, auf dem die Nachfrage um ein Drittel gesunken ist, wird die Situation noch dadurch verschärft, dass Unternehmen Personal abbauen und frei werdende Bürofläche untervermieten.

Eine Insel der Seligen ist dagegen Warschau. In Polen erweist sich laut CPB der geringe Exportanteil als Vorteil: Die starke Binnennachfrage schwäche die Folgen der Krise für die polnische Wirtschaft ab. Auch die Größe des Marktes hilft jetzt: Wenn sich Investoren aus Osteuropa zurückziehen, tun sie das zuerst aus kleineren Ländern, dann erst aus Polen. Die Preise für Immobilien sinken dennoch, weil potenzielle Käufer keine Finanzierungen bekommen. Allerdings rechnet man in Warschau nur mit Preisrückgängen im einstelligen Prozentbereich, in anderen Märkten dürften sie durchwegs zweistellig ausfallen.

Wo der Aufschwung besonders stark und rasch vonstattenging, schlägt jetzt die Krise umso stärker zu. Paradebeispiel ist Rumänien, wo die Preise in guten Lagen um 15Prozent einbrachen, in schlechten noch viel stärker. Die Renditen (erzielbare Mieten in Relation zu den Preisen; steigende Renditen bedeuten sinkende Preise) sind bereits von 5,7Prozent auf sieben Prozent gestiegen und dürften noch auf acht bis neun Prozent steigen. Immobilien wären dann so billig wie im riskanten Moskau.

Größtes Sorgenkind ist Ungarn. Kaum ein anderes osteuropäisches Land steht wirtschaftlich so schlecht da. „Nicht nur internationale Investoren sind weniger aktiv als bisher, auch die ungarischen Unternehmen steigen auf die Bremse“, stellt CPB-Osteuropa-Chef Robert Hermandinger fest. Die Leerstandsrate bei Büros ist im vergangenen Halbjahr von 12,6 auf mehr als 14Prozent gestiegen. Und es sind nicht nur die schlechten Lagen, die leer stehen.

Investoren müssen abwerten

Die wenigen verbliebenen Mieter dürften sich über ihre bessere Verhandlungsposition freuen. Weniger erfreulich ist die Lage für die Investoren, auch solche aus Österreich, die jahrelang mit osteuropäischen Immobilien viel Geld verdient haben, als die Preise scheinbar unaufhörlich gestiegen sind. Dass sich die Häuser nicht füllen könnten, das war die letzte Sorge, die man angesichts des hohen Wirtschaftswachstums in den neuen EU-Ländern hegte. Diese Zeiten haben sich geändert. Auch wenn sich die Mieten oft noch stabil halten, will kaum jemand hohe Preise für Immobilien bezahlen.

Die Abwertungen von osteuropäischen Immobilien schlagen in den Bilanzen von Immoeast, CA Immo, Sparkassen Immobilien & Co. besonders negativ zu Buche. So musste die CA Immo die osteuropäischen Immobilien in ihrer Vorjahresbilanz um elf Prozent abwerten, das gesamte Immobilienvermögen schrumpfte „nur“ um sieben Prozent. Dabei waren die Mieten im Schnitt noch gestiegen. „Die Gutachter gehen davon aus, dass wir in drei bis vier Jahren bei Neuvermietung keine so hohen Mieten mehr erzielen können wie jetzt“, erklärt CA-Immo-Chef Bruno Ettenauer.

Auf einen Blick

Auf den Büromärkten Zentral- und Osteuropas bricht jetzt auch die einheimische Nachfrage weg. Internationale Investoren halten sich schon länger zurück.

Einzige Ausnahme stellt derzeit noch Warschau dar. Die geringe Exportquote und die Größe des Marktes kommen Polen jetzt zugute. Die Preise fallen trotzdem.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2009)

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