Spanien finanziert die Heimkehr von Gastarbeitern

(c) Reuters (Bogdan Cristel)
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Rumänen soll die Arbeitslosen-Hilfe zu Hause weiterbezahlt werden. Voraussetzung ist eine „aktive Jobsuche“, die das rumänische Arbeitsamt zu kontrollieren hat. Zudem wird jenen, die keinen Anspruch auf Hilfe mehr haben, der Rückflug bezahlt.

Wien (gau). Die Spanier lassen sich einiges einfallen, um ihre arbeitslosen Migranten loszuwerden. Damit die 70.000 rumänischen Gastarbeiter, die im Zuge der Wirtschaftskrise ihren Job verloren haben, den Arbeitsmarkt und das Sozialsystem nicht weiter belasten, soll ihnen mit finanziellen Anreizen eine Rückkehr nach Rumänien schmackhaft gemacht werden. Das vereinbarten die Arbeitsminister beider Länder gestern bei einem Treffen in Bukarest.

Es geht um einen „Export von Leistungen“. Rückkehrwillige Rumänen sollen das ihnen zustehende Arbeitslosengeld zu Hause weiter bekommen, bis sie eine neue Beschäftigung gefunden haben. Voraussetzung ist eine „aktive Jobsuche“, die das rumänische Arbeitsamt zu kontrollieren hat. Zudem wird jenen, die keinen Anspruch auf Hilfe mehr haben, der Rückflug bezahlt.

Das spanische Ministerium lässt Gutachter prüfen, ob die Pläne mit dem EU-Recht im Einklang stehen. Grund der Maßnahmen ist die Wirtschaftskrise, die Spanien durch das Platzen einer Immobilienblase besonders hart trifft. Jahrelang hatten die Spanier Arbeitsmigranten mit offenen Armen aufgenommen. Sie wurden alle gebraucht, besonders auf den zahllosen Baustellen für Bürogebäude und Feriensiedlungen am Meer.

Über 700.000 Rumänen stellen das größte Kontingent dieses gigantischen Bautrupps. Zehn Prozent von ihnen sind heute ohne Arbeit. Mit dem Einbruch der Immobilienpreise kam der Bauboom zum Erliegen; sie werden nicht mehr gebraucht. Doch als EU-Bürger kommen sie nicht in den Genuss des Rückführungsprogramms, das für die – meist nachträglich legalisierten – Marokkaner und Latinos geschaffen wurden.

Diese bekommen die Arbeitslosenhilfe, die ihnen maximal zusteht, komplett ausbezahlt. Im Gegenzug müssen sie ihre Arbeitserlaubnis zurückgeben und versprechen, Spanien mindestens dreiJahre lang fern zu bleiben.

Das aber widerspricht der Reise- und Niederlassungsfreiheit, die für alle EU-Bürger gilt – und damit auch für Rumänen. Also braucht es für sie nun spezielle Anreize, die Spanien aus Mitteln des EU-Sozialfonds finanzieren will. Aber auch Rumäniens Regierung zeigt sich an der Rückholaktion „sehr interessiert“ und will sich finanziell beteiligen.

Rumänien braucht Bauarbeiter

Ihre Motivation: In Rumänien fehlten in den letzten Jahren durch die massenhafte Emigration die Arbeitskräfte, vor allem am Bau. Als Ersatz mussten chinesische Firmen mit ihren Trupps ins Land geholt werden. Trotz der Krise, die auch Rumänien nicht verschont, schätzt die Regierung in Bukarest, dass das Land eine Million Arbeiter braucht, um die Lücke dauerhaft zu schließen. Anzupacken gibt es genug: Die Beratungsfirma A.T. Kearney errechnete gerade, dass es mit dem bisherigen Bautempo 130 Jahre dauern wird, bis das rumänische Straßennetz westeuropäischen Standard erreicht.

Einen Strich durch die Rechnung könnten freilich die Betroffenen selbst machen. Denn das Einkommensniveau liegt in Rumänienweit tiefer als in Spanien: 321 Euro im Monat sind der durchschnittliche, 137 Euro der Mindestlohn. Und eine Jobgarantie haben Rückkehrer, trotz des Arbeitskräftemangels in einigen Branchen, auch zu Hause nicht – schon sechs Prozent der im Land Gebliebenen sind ohne Job. Und obwohl die Arbeitslosenrate in Spanien über 17 Prozent beträgt, haben dort im April wieder an die 5000 Rumänien neue Arbeit gefunden. Wer also noch einen Funken Hoffnung hat, wird bleiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2009)

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