Energie: Slowakei bremst Solarenergie aus

(c) AP (Jens Meyer)
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Korruptionsverdacht und harte Obergrenzen stören erstes Gesetz zur Förderung der Alternativenergie. Im Sommer wurden erste großspurige Planungen von Großanlagen mit bis zu 2000 MW bekannt.

Bratislava. Es hätte der Startschuss zum Solarboom in der Slowakei sein können, als vor wenigen Wochen ein Gesetz zur Förderung erneuerbarer Energiequellen in Kraft trat, das Alternativenergien erstmals eine echte Chance gab. Doch nun macht es den Anschein, als fürchte sich die Slowakei vor zu viel Sonnenenergie. Denn kaum war das Gesetz erlassen, zog der Regulator schon mit restriktiven Obergrenzen die Notbremse. Obendrein weckt die eigenwillige Vorgehensweise bei der Genehmigung von Solarkraftwerken Befürchtungen, es könnten Insidergeschäfte und Korruption im Spiel sein.

Derzeit stammen vier Prozent der slowakischen Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen. Für jede neue Anlage ist eine positive Beurteilung durch die traditionell atomenergiefreundliche Betreibergesellschaft des slowakischen Stromnetzes (SEPS) nötig, die damit indirekt die Funktion eines Regulators erhielt. Prompt begrenzte die staatliche SEPS das Maximum der zu genehmigenden Solaranlagen über einem Megawatt (MW) Leistung auf eine Gesamtkapazität von 120 MW für alle Anlagen.

Insidergeschäft bei Vergabe?

Mit dieser neuen Regelung verliert die Slowakei für Entwickler von größeren Fotovoltaikanlagen drastisch an Attraktivität, beklagte die Deutsch-Slowakische Industrie- und Handelskammer (DSIHK) gegenüber der „Presse“. Deutsche wie österreichische Firmen hatten sich zuletzt große Hoffnungen gemacht, da mit dem Gesetz unter anderem erstmals ein fester Einspeistarif für 15 Jahre statt der bisherigen kurzfristigen Einspeisvergütungen ohne Kalkulierbarkeit für die Folgejahre festgelegt wurde.

Im Sommer wurden erste großspurige Planungen von Großanlagen mit bis zu 2000 MW bekannt. Tatsächlich ist aber laut slowakischen Energieexperten auch bei längerfristiger Aufweichung der jetzt festgelegten maximalen Gesamtkapazität von 120 MW bestenfalls an ein oberstes Limit von 300 bis 400 MW gedacht – für alle alternativen Energiequellen.

Stirnrunzeln rief auch die eigenwillige Vergabe der ersten Genehmigungen durch die SEPS hervor. Ganze vier Tage ließ sie den Antragstellern Zeit, um Projekte fristgerecht einzureichen. „Wer da nicht im Vorhinein wusste, wie die Bedingungen definiert sein werden, (...) hatte keine Chance, seinen Antrag rechtzeitig einzureichen“, sagt der österreichische Jurist Bernhard Hager von NH Hager Niederhuber Advokati. Slowakischen Medien zufolge kamen hauptsächlich Firmen mit guten Verbindungen zur Regierungskoalition zum Zug. SEPS-Sprecher Igor Gallo wies auf Anfrage der „Presse“ alle Spekulationen als „Konstruktion“ zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2010)

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