Notkredite: Sparen für den Währungsfonds

(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Der IWF startet eine zweite Kredit-Runde in Osteuropa. Rumänien, die Ukraine und Polen bekommen frisches Geld. Ungarn beginnt am Dienstag seine Verhandlungen, schlimm hat es die Ukraine erwischt.

Wien. Wenn der Internationale Währungsfonds (IWF) auf Reisen geht, schärfen die Finanzminister Osteuropas gern ihre Krallen und demonstrieren eisernen Sparwillen, auf dass sich sein Füllhorn wieder über ihnen öffne. In den vergangenen Tagen ist das gleich drei Ländern gelungen.

In Rumänien werden 913 Mio. Euro eines bestehendes Kredites aufgetaut, Ukraine und Polen dürfen sich über frisches IWF-Geld freuen. In Ungarn beginnen die Verhandlungen über neue Milliardenkredite am heutigen Dienstag.

Auch zwei Jahre nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise sind viele Staaten Mittelosteuropas auf IWF-Mittel angewiesen und bereit, Einschnitte durchzusetzen, die im Westen wohl kaum ein Politiker freiwillig auf die Agenda setzen würde.

Bukarest spart härter als Athen

Selbst Jeffrey Franks, der in den vergangenen Tagen für den IWF in Bukarest verhandelt hat, zeigte sich „sehr beeindruckt“ vom Sparwillen der rumänischen Regierung– und gab die 913 Mio. Euro schwere Tranche eines 13,6-Mrd.-Kredits frei. Die Auszahlung wurde gestoppt, als rumänische Verfassungsrichter geplante Pensionskürzungen verboten hatten. Bukarest konterte kurzerhand mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer um fünf Prozentpunkte per 1. Juli. Das machte Eindruck auf die Herren aus Washington.

Tatsächlich spart das Land härter als das krisengebeutelte Griechenland. Zusätzlich zu Steuererhöhungen werden die Löhne der Beamten um ein Viertel gekürzt. Dem Aufruf der Gewerkschaften zum Generalstreik folgten nur wenige. Auch die EU werde nun weitere 1,15 Mrd. Euro freigeben, ist Franks überzeugt. Das Land ist auf frisches Geld angewiesen. Nach einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung von 7,1 Prozent 2009 erwartet Finanzminister Sebastian Vladescu auch für heuer ein Minus von einem Prozent.

Kiew: Halbes Präsidentengehalt

Schlimmer noch hat es die Ukraine erwischt. 2009 sackte die Wirtschaft um 15 Prozent ab, auch heuer wird das Land um eine Rezession nicht herumkommen. Das Budgetdefizit lag offiziell bei 6,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIPs). Zählt man die Schulden des staatlichen Gaskonzerns Naftogaz und der Pensionskassen hinzu, fehlen zwölf Prozent des BIPs. Die Auszahlung der 13,1 Mrd. Euro, mit denen der IWF das Land vor dem Kollaps bewahrte, wurde 2010 eingestellt, weil der damalige Präsident Viktor Juschtschenko geforderte Sparmaßnahmen verweigerte. Sein Nachfolger Viktor Janukowitsch bemüht sich, das Vertrauen der Kreditgeber zurückzugewinnen. „Wir verstehen sehr gut, dass wir die Staatsausgaben senken und die Einnahmen erhöhen müssen“, sagte der Präsident und halbierte medienwirksam sein eigenes Gehalt.

Höhere Konsumsteuern sollen 1,5 Mrd. Euro an Mehreinnahmen bringen. Die Höchstpension wird um drei Viertel auf 1000 Euro gekürzt. Schon heuer soll das Defizit unter den 5,5 Prozent des BIPs liegen, die der IWF fordert. Am Freitag wurde Janukowitsch für seine Mühen belohnt: Der IWF stellte dem Land eine Kreditlinie über zwölf Mrd. Euro in Aussicht. Die Entscheidung soll im Juli fallen.

Ungarn will 20 Mrd. Euro

Auch Ungarn wartet gespannt auf das Eintreffen des IWF. Zwei Wochen wird die Delegation ab dem heutigen Dienstag die Staatsfinanzen des schuldengeplagten Landes durchleuchten und eine Empfehlung abgeben, ob Budapest die erhofften zehn bis 20 Mrd. Euro an neuen Krediten ab 2011 zugesprochen bekommt. Den bestehenden 20-Mrd.-Euro-Kredit von IWF und EU will das Land dafür nicht mehr antasten, denn Budapest hofft auf bessere Konditionen. Die Ungarn wollen dem IWF die Erlaubnis abringen, im kommenden Jahr ein etwas höheres Defizit zu machen: statt 2,9 Prozent bis zu 3,8 Prozent des BIPs. Überzeugen will Budapest mit jüngsten Erfolgen: Das Defizit wurde 2009 bereits auf vier Prozent gedrückt, trotz eines Wirtschaftseinbruchs von 6,5 Prozent. Die Mehrwertsteuer wurde Mitte 2009 von 20 auf 25 Prozent erhöht, Beamte und Pensionisten müssen mit weniger Geld auskommen.

Überhaupt strebe man den Kredit nur für den Notfall an, betont die Regierung. Ziel sei der Punkt, an dem sich das Land selbst finanzieren könne. Polen ist dort längst angekommen. Als einziger Staat Europas konnte Polen eine Rezession vermeiden. Hier gibt der IWF gerne und unbürokratisch: Das Land bekommt eine flexible Kreditlinie über 16,3 Mrd. Euro – mehr, als Polen beantragt hatte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.