Russland verabschiedet Gesetz gegen Insiderhandel

(c) BilderBox (Erwin Wodicka)
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Nach Jahren der Willkür erhalten die russischen Behörden eine gesetzliche Handhabe gegen Insiderhandel an der Börse. Ende vergangener Woche aber hat das Parlament ein Gesetz gegen den Insiderhandel verabschiedet.

Moskau. Ein Jahrzehnt lang haben die russischen Gesetzgeber ergebnislos darüber gestritten. Ende vergangener Woche aber hat das Parlament in dritter Lesung ein Gesetz gegen den Insiderhandel verabschiedet. Um Erfahrung in der Anwendung des Gesetzes zu sammeln, wie es heißt, tritt die strafrechtliche Verfolgung zwar erst in drei Jahren in Kraft. Wie aber Wladimir Milow, der Chef der russischen Finanzmarktaufsicht, schon im Vorfeld sagte, würden Strafen für Marktmanipulationen bereits jetzt eingeführt.

Staatsanwälte und Medien keine Insider

In der Fassung, die am vergangenen Freitag verabschiedet wurde, war für Beobachter noch eine kleine Überraschung versteckt: Die Staatsanwaltschaft findet sich im Unterschied zur zweiten Lesung nicht mehr auf der Liste der möglichen Träger von „Insiderinformationen“. Wladislaw Reznik, Vorsitzender des Finanzmarktausschusses, erklärt dies damit, dass die Staatsanwaltschaft von der Verfassung her eher der Judikative zuzuordnen ist, deren Organe ebenso von der „Insider“-Liste ausgenommen ist.

Die vorausgegangene öffentliche Debatte darüber kam nicht von ungefähr. Gerade im Zuge des größten russischen Wirtschaftsprozesses vor gut fünf Jahren gegen den zerschlagenen Ölkonzern Yukos hatten die vielfältigen Erklärungen der Staatsanwaltschaft zu einer sagenhaften Volatilität der Yukos-Aktien geführt.

Da wurde rasch die Frage nach einer Marktmanipulation seitens der sichtlich politisch gesteuerten Ermittlungsorgane aufgeworfen. Dass der Handel mit Insiderinformationen aber auch in vielen anderen Fällen wuchert, hat sogar der russische Finanzminister Alexei Kudrin selbst gegeißelt.

Zwar hatte die russische Finanzmarktaufsicht den Insiderhandel auch schon bisher verboten. Allerdings hatte sie keine Handhabe, da etwaige Sanktionen nie gesetzlich festgeschrieben worden waren. Zuletzt war der Druck zu einem neuen Gesetz auch deshalb gestiegen, weil sich Russland stärker als internationales Finanzzentrum positionieren will.

Bis zu sieben Jahren Gefängnis

Bis zur zweiten Lesung waren übrigens auch Medien im Gesetzesentwurf als belangbar für die Veröffentlichung von Insiderinformationen geführt worden, was als mögliches Druckmittel gegen sie interpretiert wurde. Erst auf Intervention von Staatspräsident Dmitri Medwedjew wurde der Entwurf korrigiert.

Auf Marktmanipulationen steht künftig in Russland eine Geldstrafe von bis zu einer Million Rubel (etwa 26.000 Euro) oder bis zu sieben Jahren Gefängnis. Für unrechtmäßigen Gebrauch oder Weitergabe von Insiderinformationen stehen in Russland entweder eine Geldstrafe oder Freiheitsentzug zwischen zwei und sechs Jahren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2010)

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