Haushalt: Rating-Agenturen strafen Ungarn ab

Haushalt RatingAgenturen strafen Ungarn
Haushalt RatingAgenturen strafen Ungarn(c) EPA
  • Drucken

Moody's ist die Ungarn-freundlichste Ratingagentur: Sie stuft das Land mit Baa1 ein. Bei Fitch ist Ungarn BBB, bei Standard & Poor's ist zu dieser Kategorie schon ein Minus hinzugekommen.

Budapest/Wien.An Viktor Orbán ist ein genialer Musiker verloren gegangen. Der ungarische Ministerpräsident dirigierte nicht nur souverän das Gesetzgebungsstakkato des Budapester Parlaments. Er ließ sein Orchester auch für die Wählermassen spielen: In Analogie zum „Eisernen Vorhang“ der KP-Ära sprach er vom „Geldvorhang“, der Ungarn nicht einkreisen dürfe. Entsprechend fielen die Beschlüsse aus, unter ihnen die sattsam bekannt gewordene Bankensteuer samt der Absage an den Internationalen Währungsfonds (IWF). Beinahe alle politischen Kräfte links und rechts der satten Fidesz-Mehrheit reagierten erschrocken, die Medien warnten.

„Wir sind verschuldet, unsere Wachstumsaussichten sind schwach, die Forint-Schwäche lastet schwer auf dem Land“, schrieb am Freitag Ilona Kocsi, Starschreiberin der Wirtschaftstageszeitung „Vilaggazdaság“. Sie wünscht der Regierung jene Vernunft, die Orbán am Donnerstag so oft zitiert habe. „Wir werden das Geld des Auslands noch geraume Zeit brauchen.“ Der Preis dafür müsse reduziert werden, „mit Vernunft, Bescheidenheit und berechenbarem Regierungsverhalten“. Nachsatz: „Nicht mit Diktaten.“

Der IWF wiederholte am Freitag seine Position, wonach er zur Wiederaufnahme der abgebrochenen Verhandlungen über die letzte Rate eines 20-Mrd.-Euro-Kredits bereit sei. „Ob mit oder ohne uns: Ungarn muss die offenen Probleme lösen und sein Budgetdefizit reduzieren“, sagte Christoph Rosenberg, Leiter der vergangene Woche aus Budapest abgereisten IWF-Delegation. Orbán hatte gemeint, nach Auslaufen des jetzigen Kreditvertrags Anfang Oktober werde es keine Verhandlungen mit dem IWF mehr geben.

Aber die Märkte sind nicht so konziliant. So brachte die Ankündigung der Ratingagentur Moody's, eine Neubewertung der ungarischen Staatsschulden vornehmen zu wollen, den Forint in eine schwere Krise. Die Budapester Börse erfing sich nach einem kurzen Rückschlag, doch hielt sich der Handel in sehr engen Grenzen.

Dabei hatte Dietmar Hornung, Kopräsident der Moody's Investor Services, nur gemeint, man müsse beobachten, ob die ungarische Regierung ohne IWF auf dem Weg der Reformen weitergehe. Die Überprüfung dauere vier Monate, eine eventuelle Abwertung sei erst Ende November zu erwarten.

Moody's erwägt Abstufung

Moody's ist die Ungarn-freundlichste Ratingagentur: Sie stuft das Land mit Baa1 ein. Bei Fitch ist Ungarn BBB, bei Standard & Poor's ist zu dieser Kategorie schon ein Minus hinzugekommen.

Die Hauptbetroffenen des Orbán'schen Aktionsplanes, die Banken, reagierten maßvoll. Tamás Erdei, Chef des Bankenverbands, sprach zwar von einer „groben Maßnahme“, die bei acht bis zehn Instituten zu Verlusten führen könne. Er mahnte dazu, die Höhe der Steuer 2011 zu senken. Noch konzilianter war Sándor Csányi, Chef der größten ungarischen Bank OTP: Der Finanzsektor müsse Opfer bringen, damit die Wirtschaft in Ordnung gebracht werden könne.

Die deutlichste Warnung gab die Pleitenstatistik: Am Freitag meldeten die Firmengerichte die zehntausendste Pleite des Jahres. 2009 war diese Zahl erst am 9.September erreicht worden. „Im Vorjahr rechneten wir damit, dass sich die Zahl auf hohem Niveau stabilisieren und nur langsam steigen werde. Wir waren zu optimistisch“, sagte Hajnalka Csorbai, Strategiedirektorin der Firma Opten, des „ungarischen KSV“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.