Die liebe Not des Ostens mit dem IWF

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Während sich die Fronten im Streit Ungarns mit dem IWF weiter verhärten, hoffen Rumänien und die Slowakei auf größere Nachsicht der Kreditgeber. Ein Vorgehen wie gegenüber Ungarn brauche man nicht fürchten.

Wien. Rumänien bereitet eine Steuer auf „ungerechtfertigte Vermögen“ vor, sagte Ministerpräsident Emil Boc am Montag dem Rundfunksender „Radio Romania Actualitati“. Das Projekt befinde sich noch im Diskussionsstadium, auf Details wolle er sich daher nicht einlassen.

Boc tat gut daran, das Thema nicht übermäßig zu strapazieren. Wenn die Idee konsequent umgesetzt wird, geht es nämlich nicht nur der Korruption und jenen Rumänen an den Kragen, die mit günstig erworbenem Staatseigentum ein Vermögen erwirtschaftet haben. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) könnte Einwände gegen die neue Steuer haben. Sollte sie auch Einkünfte aus Finanzgeschäften betreffen, ginge sie weit über die Bankensteuer hinaus, mit der Ungarn den IWF vor den Kopf gestoßen hat.

IWF gibt sich in Rumänien zahm

Die am Montag in Bukarest eingetroffene IWF-Delegation scheint noch nichts von der neuen Steuer gehört zu haben. Ihr Chef Jeffrey Franks betonte, Rumänien brauche ein Vorgehen wie gegenüber Ungarn nicht zu fürchten; Bukarest sei nicht in Gefahr, dass die nächste Rate des 20-Milliarden-Euro-Kredits vom Vorjahr ausgesetzt werde. Im Gegenteil: Die Institution hatte schon am Wochenende mitgeteilt, dass die sechste Rate in Höhe von 900 Mio. Euro überwiesen werde.

Damit erweist sich der IWF außerordentlich konziliant. Denn die Regierung in Bukarest hat das Defizitziel wie 2009 auch heuer kräftig nach oben verschoben. Nach drastischen Sparmaßnahmen – 25-prozentige Lohnkürzung im öffentlichen Dienst, Abbau der Pensionszahlungen im Justizbereich und Anhebung der Mehrwertsteuer von 19 auf 24 Prozent – wurde stolz verkündet, dass das Defizit statt neun „nur“ 6,8Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen solle.

Der IWF nickte dazu, obwohl die ursprüngliche Verpflichtung Bukarests 3,6Prozent gelautet hatte. Selbst die düstere Prognose der EBRD, wonach Rumäniens BIP heuer um drei Prozent schrumpfen werde, verschreckte Franks nicht: Die Prognose sei zu pessimistisch, meinte der IWF-Delegationsleiter. Allerdings wisse man, dass die eigene Vorhersage von minus 0,5Prozent auch nicht zu halten sei.

In Ungarn, Stein des IWF-Anstoßes, tobt derweil ein Glaubenskampf mit internationaler Einmischung. Die „Financial Times“ plädiert wie ungarische Ökonomen für Realitätssinn. Falls es keine Vereinbarung mit dem IWF gebe, müsse Ungarn Kredite auf dem Kapitalmarkt aufnehmen, meinte der frühere Minister Péter Akos Bod.

„Das ist ein nervöses, schwankendes, auf Nachrichten stark reagierendes Irgendwas, mit dem man nicht sprechen kann.“ Der IWF sei zwar ein Schreckgespenst, „aber er hat eine Postadresse und einen Generaldirektor, man kann mit ihm verhandeln, das gibt Sicherheit“. Bods Kollege Peter Róna machte darauf aufmerksam, dass Ungarn die Beziehungen zum IWF nicht abbrechen könne, bis die letzte Kreditrate bezahlt sei – und das werde erst 2014 der Fall sein.

Weniger Pension, höhere Steuern

Man darf auch gespannt sein, wie die Verhandlungen des IWF und der EU mit der Slowakei verlaufen. Vorsorglich hatte die neue Regierung unter Iveta Radicova schon zuvor mitgeteilt, dass das Budgetdefizit nicht 5,5, sondern wohl eher sieben Prozent des BIP betragen werde.

Schuld daran sei der Ausfall von Steuereinnahmen in Höhe von rund einer Milliarde Euro. Die IWF-Delegation riet Bratislava nach der Abreise zu zwei „dringenden Maßnahmen“: Es müssten die Pensionen eingefroren und die Mehrwertsteuer reformiert werden.

Nur dann könne das Defizit wieder auf 5,5 Prozent gedrückt werden. Dazu braucht die Slowakei laut dem neuen Finanzminister Ivan Miklos Mehreinnahmen von 1,7 Mrd. Euro. Diese will die Regierung lieber mit Einsparungen statt mit Steuererhöhungen erreichen.

Die Mehrwertsteuer ist das Lieblingsthema des IWF in der Region. Nachdem Rumänien sie gerade auf 24 Prozent angehoben hat, hat nun die Slowakei den niedrigsten Satz. Tschechien verrechnet 20 Prozent, die anderen Visegrád-Länder Polen (22) und Ungarn (25 Prozent) sind in diesem Punkt „IWF-gerecht“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2010)

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