Finanzen: IWF hilft der Ukraine mit 15 Mrd. Dollar aus

Finanzen hilft Ukraine Dollar
Finanzen hilft Ukraine Dollar(c) REUTERS (Konstantin Chernichkin)
  • Drucken

Der neue Stützungskredit für den Weg aus der tiefen Rezession ist an harte Sparbedingungen geknüpft. Die erste Tranche über 1,9 Mrd. Dollar fließt bereits in den kommenden Tagen.

Kiew. Nach monatelangen Verhandlungen steht nun fest: Die Ukraine erhält einen neuen Stützungskredit über 15,2 Mrd. Dollar vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Wie die Organisation am Donnerstag bekannt gab, wird das Geld im Lauf der kommenden zweieinhalb Jahre überwiesen. Die erste Tranche über 1,9 Mrd. Dollar fließt bereits in den kommenden Tagen. Jeder weiteren Überweisung werden vierteljährliche Überprüfungen durch den IWF vorausgehen.

Gaspreis um die Hälfte erhöht

Der Kredit ist eine zentrale Stütze auf dem Weg des Landes aus der tiefen Rezession. Nach jahrelangem Rekordwachstum war 2009 die Wirtschaft in Europas flächenmäßig größtem Staat um 15 Prozent eingebrochen. Schon Ende 2008 hatte der IWF einen ersten Kredit in der Höhe von 16,4 Mrd. Dollar beschlossen. Da sich die vor wenigen Monaten abgewählte Regierung von Premierministerin Julia Timoschenko nicht an die Bedingungen einer strengen Haushaltsdisziplin gehalten hatte, fror der IWF das Kreditprogramm ein und löste es am Donnerstag endgültig auf.

Den neuen Kredit hat der IWF an die Bedingung geknüpft, dass Kiew sein Budgetdefizit im kommenden Jahr auf 3,5 Prozent des BIPs drückt, ehe man es 2012 auf 2,5Prozent sinken soll. Die Vorgängerregierung hatte sich mit dem IWF auch deshalb überworfen, weil sie 2009 ein Budgetdefizit von zwölf Prozent zugelassen hatte.

Für heuer wurde nun ein Budgetdefizit von 5,5 Prozent des BIPs vereinbart. Um dies zu erfüllen, hat die Regierung der im russischsprachigen Osten dominanten Partei der Regionen (PdR) unpopuläre Maßnahmen beschlossen. So zahlen die Bürger ab 1. August um 50 Prozent mehr für das – bislang billige – Gas. Auch die Erhöhung des Pensionsantrittsalters steht an. „Der langfristige Kredit ermöglicht unpopuläre Reformen“, sagte Premier Nikolaj Asarow zur „Presse“. „Bei jenen Teilen der Bevölkerung, der die erhöhten Gastarife nicht zahlen kann, müssen wir kompensierend eingreifen.“ Kommen die höheren Tarife also der hochverschuldeten nationalen Gasgesellschaft „Naftogaz“ zugute, so steigen künftig die Kompensationszahlungen aus dem Budget an bedürftige Schichten. „Die größte Herausforderung für die Regierung bis zur nächsten Überprüfung durch den IWF wird sein, das geplante Budgetdefizit einzuhalten“, meint die Investmentbank Renaissance Capital in einer Erklärung.

Opposition kritisiert IWF-Kredit

Als Ausnahme für 2010 hat der IWF daher auch genehmigt, dass zwei Mrd. Dollar des Kredits ins Budget fließen, wie der ukrainische Vizepremier Sergej Tigipko bekannt gab: „Ab dem nächsten Jahr wird das ganze Geld ausschließlich zur Füllung der Währungsreserven verwendet.“

Oppositionsführerin Timoschenko bedauerte gestern die Kreditvergabe durch den IWF, weil das Geld ihres Erachtens zweckentfremdet über Naftogaz jenen umstrittenen Oligarchen des dubiosen Gaszwischenhändlers „RosUkrEnergo“ zugutekomme, die mit der jetzigen Staatsführung eng verbunden seien und milliardenschwere Kompensationen für im Vorjahr hin und her geschobene Gas-Großmengen gerichtlich erschlichen hätten.

Der IWF-Kredit ist nicht die einzige Hilfe aus dem Ausland. Die Ukraine hatte zuletzt auch von Russland zwei Mrd. Dollar erhalten. In der Ukraine hatte dies Befürchtungen ausgelöst, Russland werde vehementer die Reintegration ganzer Wirtschaftssektoren der beiden Länder fordern. Zuvor hatte Russland den Gaspreis für die Ukraine im Tausch gegen einen längeren Verbleib der russischen Schwarzmeerflotte um ein Drittel gesenkt.

Wegen der neuen Kooperation mit dem IWF hat die Ratingagentur Fitch im Vorfeld das Länderrisiko von B- auf B verbessert. Ausblick: stabil. Fitch prognostiziert für 2010 ein Wirtschaftswachstum von 4,5 Prozent, der IWF erwartet 3,7 Prozent. Pferdefuß der Entwicklung in der Ukraine ist neben der Korruption die starke Überregulierung. Auch laboriert das Land an der Abhängigkeit seiner Wirtschaft vom Stahl-, Düngemittel- und chemischen Sektor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.