Rumänien: Wirtschaftsminister empört mit Aussagen über das Sparen

Adriean Videanu
Adriean Videanu(c) EPA (NICOLAS BOUVY)
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Eine rumänische Familie könne mit monatlich 1500 Lei (393,70 Euro) „gut auskommen“, selbst wenn die Mutter arbeitslos und das Kind Student sei, sagte Videanu in einem Interview der Onlinezeitung www.renne.ro.

Bukarest/Wien (p.m.). Die Empörung der Rumänen über die scharfen Sparmaßnahmen, die ihre Regierung unter dem Druck des Internationalen Währungsfonds (IWF) ergriffen hat, ist geradezu harmlos im Vergleich zur jüngsten Aufregung. Die hat Wirtschaftsminister Adriean Videanu verursacht, nicht durch neue Restriktionen, sondern durch unbedachte Äußerungen.

Eine rumänische Familie könne mit monatlich 1500 Lei (393,70 Euro) „gut auskommen“, selbst wenn die Mutter arbeitslos und das Kind Student sei, sagte Videanu in einem Interview der Onlinezeitung www.renne.ro. Und er legte nach: Es sei alles eine Frage der Einteilung. „Ich würde mir schnell eine Möglichkeit für einen Nebenverdienst suchen – die Landwirtschaft ist auch keine Schande.“

Die meisten Medien berichteten sarkastisch über Videanus Ansicht über die ärmeren Landsleute – denn 1500 Lei entsprechen ziemlich genau dem Durchschnittsverdienst einer Person. Das ungarischsprachige Webportal „Impulzus“ ging weiter: Woher solle Videanu das wissen, ist er doch eines der vermögendsten Mitglieder der Regierung Boc, in dessen Vermögenserklärung mehrere Häuser, Wohnungen und mehrere Millionen Euro vorkämen? „Herr Minister, probieren Sie es aus“, wurde Videanu empfohlen. „Sie könnten damit beginnen, dass sie bei Ihrem (offiziellen) Gehalt von 5361 Lei auf 3861 Lei verzichten.“

Preise stiegen, Konsum sank

Der falsch eingeschätzte Lebensstandard dürfte schuld daran gewesen sein, dass sich Videanu und andere Finanzexperten beim Budget verkalkuliert haben. Die per 1. Juli von 19 auf 24 Prozent angehobene Umsatzsteuer hat wesentlich weniger Einnahmen beschert als erwartet, sagte Zentralbank-Berater Adrian Vasilescu vergangene Woche der Wirtschaftszeitung „Ziarul Financiar“.

Der Experte kennt auch die Ursache: Da die Steuer die Preise in die Höhe getrieben habe, sei der Konsum gesunken. Die Maßnahme, als Ersatz für die vom Verfassungsgerichtshof verbotene 15-prozentige Kürzung der Renten und Pensionen verhängt, soll das Budget bis Jahresende um vier Milliarden Lei entlasten. Damit will die Regierung das Defizit unter 6,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes halten. Nach der Steuererhöhung hatte Premier Emil Boc eingeräumt, dass man keine bessere Lösung gefunden hätte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2010)

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