China lässt bei seiner Immobilienblase Dampf ab

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China könnte es als erstes Land zustande bringen, eine Immobilienblase zu beseitigen, ohne sie platzen zu lassen. Das kann aber nur funktionieren, wenn die Weltwirtschaft nicht erneut in die Rezession stürzt.

Wien/Reuters/Gre. Es war ein Immobilien-Boom in den USA, der die immer noch nicht überwundene globale Finanzkrise ausgelöst hat. Im ganzen Land wurden auf Pump Häuser gekauft. Als die Zinsen stiegen, konnten die Kredite nicht zurückgezahlt werden und die Banken standen an der Kippe.

Eine ähnliche Situation wird heute in China vermutet. Dort haben die Immobilienpreise in den letzten Jahren einen Höhenflug erlebt. Auch die Kreditvolumen sind stark angestiegen. Doch Jian Chang, Ökonom bei Barclays Capital, sieht keine Gefahr, dass die Blase in naher Zukunft plötzlich platzt. Er nimmt eher wahr, dass die Blase an Druck verliert.

Die Verschuldung der Privathaushalte liegt in China bei weniger als 20 Prozent des BIPs, in den USA ist sie rund fünfmal höher. Den Unterschied bringt Stephen Green, Ökonom in Hongkong, auf den Punkt: „In den USA wird der Hauskauf dazu benutzt, um Geld aufzunehmen“, weil Immobilien als Besicherung dienen. In China hingegen „werden Immobilien gekauft, um Ersparnisse anzulegen“.

40 Prozent aus Eigenmitteln

Wer in China ein Haus kauft, legt üblicherweise 40 Prozent des Kaufpreises als Anzahlung auf den Tisch – aus eigenen Ersparnissen. Im Gegensatz zu den USA: Erst durch den hohen Fremdkapitalanteil bei Hauskäufen wurde die Immobilienkrise dort zur globalen Finanzkrise; selbst noch auf dem Höhepunkt des Booms konnten Eigenheime ohne jegliche Eigenmittel erworben werden.

Die Folgen einer platzenden Blase wären also geringer als in den USA. Trotzdem ist sich die chinesische Regierung bewusst, dass es im Interesse der Bevölkerung und der Handelspartner liegt, den Druck der Blase langsam abzulassen. Seit gut eineinhalb Jahren wird daran gearbeitet.

In vielen Städten wurde die Anzahl der Immobilien, die jede Familie kaufen darf, begrenzt. Außerdem wurde die Mindestanzahlung (aus Eigenmitteln) für Zweitwohnsitze von 50 auf 60 Prozent des Preises erhöht. Experten geben außerdem einer angedachten Vermögenssteuer gute Chancen auf Umsetzung. Und die Maßnahmen zeigen erste Wirkung: Ökonom Jian Chang erwartet bis Jahresende einen Rückgang der Immobilienpreise um zehn Prozent gegenüber dem Jahreshöchststand.

Doch das hat auch eine negative Seite. Denn niedrigere Preise dämpfen die Bautätigkeit und somit die Nachfrage nach Baumaterialien. Das rasante BIP-Wachstum (derzeit 9,5 Prozent) könnte bei einem Rückgang der Immobilienpreise um zehn Prozent um bis zu 1,2 Prozentpunkte sinken. Und nachlassende Bautätigkeit wäre ein Problem für die Provinzen: Sie müssen ihre Schuldenberge aus der Krise abtragen und zählen dafür auf Geld aus Landverkäufen.

Sollte die Weltwirtschaft in eine Rezession stürzen, wären aber wohl alle Bemühungen umsonst. Denn wenn das Wachstum so weit gebremst wird, dass zu wenige Arbeitsplätze geschaffen werden, drohen sozialen Unruhen, was Investoren abschreckt. Dann würden die Immobilienpreise nicht langsam und gezielt sinken, sondern rasant in den Keller rasseln – die Blase würde platzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2011)

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