China macht Jagd auf korrupte Korruptionsjäger

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Wirtschaftsspionage mit korrupten Gesch�ftsleuten PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY DerekxBacon 206500(c) imago/Ikon Images (imago stock&people)
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Da die Korruption in der Antikorruptionsbehörde ausufert, muss eine übergeordnete Behörde her.

In China naht das Frühlingsfest. Die meisten Chinesen nutzen es dazu, ihre Freunde und Verwandten reich zu beschenken. Und da direkte Geldgeschenke eigentlich verpönt sind, gibt es diskrete rote Umschläge für die Scheine. Diese roten Umschläge aus Seidenpapier sind mittlerweile auch zum Inbegriff von Korruption geworden. Sie werden durchaus ganzjährig genutzt: Man steckt sie einem Beamten für eine Autozulassung zu, einem Parteisekretär bei der Genehmigung für ein Bauvorhaben oder auch einfach nur so. „Hao guanxi“, heißt es dann mit einem Augenzwickern – auf Deutsch: Beziehungspflege.

Diese Beziehungspflege ist aber in den vergangenen Jahren gehörig in Misskredit geraten. Staatspräsident Xi Jinping versprach bei seinem Amtsantritt, er wolle gegen „Fliegen wie Tiger“ gleichermaßen vorgehen – also niedrige wie hohe Funktionäre belangen, denen Bestechlichkeit oder Vetternwirtschaft nachgewiesen werden kann. Und glaubt man den Zahlen, hat der Präsident auch Wort gehalten. Vergangene Woche hat die für die Antikorruptionskampagne zuständige Behörde, die Zentralkommission der Partei für Inspektion und Disziplin, eine Bilanz ihrer Arbeit gezogen. Seit 2014 wurden in der Volksrepublik demnach knapp 1,2 Millionen Ermittlungsverfahren wegen Korruption durchgeführt und umgerechnet 1,2 Milliarden Euro an Bestechungsgeldern sichergestellt. Allein im vergangenen Jahr wurden 410.000 Funktionäre bestraft, davon 76 auf Ministerebene. Die staatlich kontrollierten Medien schreiben von „effektiver Eindämmung“.

Was aber überrascht: Erstmals prangert die Antikorruptionskommission auch Korruption und Fehlverhalten in den eigenen Reihen an, und zwar öffentlichkeitswirksam in einem Staatssender. Gleich drei Folgen hat er vergangene Woche den Geständnissen der Beschuldigten gewidmet. Seit Beginn der Kampagne 2012 sollen landesweit knapp 7900 Korruptionsermittler wegen Disziplinarverstößen bestraft worden sein.

Und wie reagiert die chinesische Führung darauf? Sie hat angekündigt, eine weitere Antikorruptionskommission ins Leben zu rufen, die „Nationale Kommission für Überwachung“. Sie soll über der bestehenden Kontrollkommission stehen, wird also eine Kontrollkommission zur Kontrolle der Disziplinarkommission, die alle anderen Behörden auf Korruption kontrollieren soll. Alles klar?

Der Spott in Chinas sozialen Medien ließ nicht lang auf sich warten. „Absurd“, kommentiert ein Nutzer. „Wer kontrolliert die neue übergeordnete Kontrollkommission?“, fragt ein anderer. „Etwa Xi persönlich?“ Dann wäre immer noch die Frage: Wer kontrolliert den Präsidenten? Vor drei Jahren enthüllte Offshore-Leaks, sein Schwager habe Gelder der Familie über Unternehmen in Steueroasen ins Ausland verlagert. Die „New York Times“ berichtete darüber. Seitdem ist ihre Website in China gesperrt.

Der britische Politologe Dan Hough sieht das hartnäckige Problem der Korruption so: Die gegen sie erlassenen Gesetze stehen in einem direkten Widerspruch zu einer Praxis, „die das System prägt“. Da helfe es auch nicht weiter, „mehr Menschen hinter Gitter zu sperren, die glauben, sie hätten eben nur das getan, was die anderen auch tun“. Doch das muss man in China offenbar erst lernen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2017)

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