Wie Morgan Stanleys 16.000 Finanzberater zu Cyborgs werden

The Morgan Stanley logo is displayed at the post where it is traded on the floor of the NYSE in New York
The Morgan Stanley logo is displayed at the post where it is traded on the floor of the NYSE in New YorkREUTERS
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Während andere Banken auf Robo-Berater setzen, werden bei Morgen Stanley Algorithmen den Mitarbeitern verschiedene Vorschläge unterbreiten, aus denen sie auswählen können.

Man könnte sie vielleicht als Cyborgs bezeichnen. Sie wissen nicht was ein Cyborg ist? Mit der Bezeichnung sind Mischwesen aus lebendigem Organismus und Maschine gemeint. Nun will die US-Bank Morgan Stanley ihre 16.000 Finanzberater mit einem Tool unterstützen. Algorithmen sollen ihnen Handelsgeschäfte vorschlagen, Routineaufgaben übernehmen und Geburtstags-Erinnerungen verschicken.

Das Programm, das intern als “Next Best Action” bekannt ist, macht deutlich, wie einer der größten Broker der Welt seine Mitarbeiter aufrüsten will – während andere Banken immer mehr auf vollautomatisierte Plattformen setzen, die sogenannten Robo-Advisers. Dahinter steht der Gedanke, dass Menschen mit Robo-Assistenz eine bessere Lösung für vermögende Familien sein werden als einfach nur Software, die Gelder für die Massen anlegt.

Mitarbeiter erhalten Vorschläge

Bei Morgen Stanley werden die Algorithmen den Mitarbeitern verschiedene Vorschläge unterbreiten, aus denen sie auswählen können. Diese Ratschläge basieren auf Dingen wie Veränderungen am Markt sowie Ereignisse im Leben von Kunden, verrät Jeff McMillan, Chief Analytics and Data Officer in der Vermögensverwaltung der Bank. Anrufe, E-Mails und Webseiten-Interaktion werden katalogisiert, berichtet er, damit die Programme über maschinelles Lernen diese nachverfolgen und ihre Vorschläge mit der Zeit verbessern können. Auf diese Weise soll letztlich mehr Geschäft mit Kunden entstehen.

„Wir versuchen verzweifelt, Sie und ihr Verhalten zu verstehen, um Sie mit etwas zu erfreuen, nach dem Sie vielleicht nicht einmal gefragt haben, doch das basierend auf dem, was Sie gemacht haben, was vielleicht für Sie von Wert ist“, sagt McMillan in einem Interview mit Bloomberg. „Wir versuchen nicht, Ihnen etwas zu verkaufen. Wir versuchen vielmehr, Dinge zu finden, die Sie wollen und brauchen.“

Angesichts des Wettbewerbs durch billigere, automatisierte Vermögensverwaltungs-Dienste und höheren Erwartungen, die von Pionieren wie Uber Technologies Inc. und Amazon.com Inc. geschürt wurden, versuchen Broker derzeit, ihre digitale Zukunft zu finden. Dabei stellt sich heraus, dass die beste Hoffnung der menschlichen Berater im Kampf gegen Roboter darin besteht, dieselben Technologien anzuzapfen, die sie bedrohen: Algorithmen im Kombination mit Big-Data und maschinellem Lernen.

Prozesse automatisieren

Morgan Stanley will zunächst im Juli ein Pilotprogramm mit 500 Beratern starten. Der Plan ist, es dann bis zum Jahresende auf alle infrage kommenden Mitarbeiter auszuweiten. Weitere Hightech-Initiativen sind bereits auf dem Weg. McMillan und andere arbeiten an einer Artificial-Intelligence- Assistenz, einer Art Siri für Broker. Sie soll Fragen beantworten können, indem sie den Berg an Analysen des Unternehmens durchforstet. Die Bank veröffentlicht 80.000 Studien pro Jahr.

Zudem ist das Unternehmen auch dabei, papierintensive Prozesse wie Überweisungen zu automatisieren. Es soll auch ein digitaler Speicher an Kunden-Dokumenten aufgebaut werden, etwa für Steuererklärungen und Testamente. Da gerade die etablierten Berater tendenziell etwas älter sind, stellt Morgan Stanley Mitarbeiter ein, die diejenigen einweisen, die Hilfe brauchen.

Ganz sagt sich Morgan Stanley von Robo-Advisers aber nicht los. In den kommenden Monaten will die Bank ihren eigenen auf den Markt bringen, ebenso wie die Konkurrenten Bank of America Corp., Wells Fargo & Co. und JPMorgan Chase & Co. Vorreiter bei der Technologie waren die Startup-Unternehmen Wealthfront Inc. und Betterment LLC. Die Idee erreichte die Massen, als sie von den Discount-Brokern Charles Schwab Corp. und Vanguard Group Inc. eingesetzt wurde.

Analysten von Morgen Stanley zufolge könnten die Robo-Berater bis 2025 bereits 6,5 Billionen Dollar verwalten – verglichen mit rund 100 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr. McMillan ist allerdings überzeugt davon, dass die Broker aus Fleisch und Blut noch über viele Jahre hinweg gebraucht werden. Denn die Reichen hätten komplizierte Finanzplanungs- Bedürfnisse, die sich am besten mit menschlicher Expertise erfüllen ließen.

(Bloomberg)


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