Auch Stronach könnte sich ÖBB nur einen Tag leisten

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VP-Chef Spindelegger hatte im ORF-„Sommergespräch“ eine geniale Idee, wie er Stronach als politischen Konkurrenten loswird: Der Milliardär soll die ÖBB kaufen und sanieren.

Michael Spindelegger mag „solide, aber nicht brav“ sein, raffiniert – um nicht zu sagen: ein wenig hinterhältig – ist er aber auf jeden Fall. Was macht man also mit einem Milliardär, der in die Politik will und stets betont, seine einzige, wahre Motivation sei es, dem Land und den Menschen mit seiner Kandidatur „zu dienen“? Man macht ihm einen Vorschlag, wie er dem Land noch besser dienen könne! Indem er nämlich beispielsweise die ÖBB übernimmt, die eine enorme Belastung für das Budget (und teilweise für das Koalitionsklima) sind. „Damit“, meinte Spindelegger Montagabend in den ORF-„Sommergesprächen“, „würde Frank Stronach Österreich wirklich dienen.“

Eine tatsächlich geniale Idee. Auch die Lufthansa hat Österreich ja schon ordentlich mit dem Kauf der AUA gedient, ohne dass dafür gleich der damalige Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber (ein Österreicher, übrigens) in den Nationalrat wollte. Warum also kauft nicht Stronach die ÖBB, statt sein Geld in eine Partei zu stecken, die bisher nur abgeschriebenen Mandataren dient? Davon hat der Steuerzahler zweifellos mehr (und wohl auch die ÖVP, weil er ihr dann 2013 keine Stimmen wegnimmt). Die Sache hat nur zwei marktwirtschaftliche Haken: Erstens braucht man einen, der kaufen will; und zweitens braucht man einen, der verkaufen will.

„Das ist doch nicht ernst zu nehmen“, meint eine Sprecherin des Verkehrsministeriums zur Idee Spindeleggers. Sie hat offenbar die 50 Minuten im ORF nicht gesehen, sonst wüsste sie: Der ÖVP-Chef macht keine Witze. Auf hartnäckiges Nachfragen verspricht sie, mit Verkehrsministerin Doris Bures Rücksprache zu halten, ob die ÖBB zum Verkauf stünden.

Allzu teuer dürften sie jedenfalls nicht sein. Die Lufthansa bezahlte der ÖIAG für die AUA 366.268,75 Euro. Ein Geschenk – wenn auch eines, das für den Beschenkten ähnlich erfreulich war wie jenes, das einst die Griechen den Trojanern machten.

Auch die ÖBB wären geschenkt nicht billig. Jedes Jahr zahlt der Staat sieben Milliarden Euro, damit die Züge fahren (inklusive Pensionszuschüsse, Förderungen, Zuschüsse, Querförderungen und Querzuschüsse). Selbst jemand wie Frank Stronach könnte sich die ÖBB als Hobby nicht lange leisten: Sein Jahressalär von 25 Millionen Kanadische Dollar würde gerade einmal ausreichen, um die Bahn einen Tag lang zu finanzieren. Steigt er privat mit seinem gesamten Vermögen ein – laut „Forbes“ 1,2 Milliarden US-Dollar –, wäre er nach knapp zwei Monaten auf Sozialhilfe angewiesen.

Natürlich würde Stronach die ÖBB nicht aus der eigenen Tasche finanzieren, er würde sie, wenn schon, mit mutigen Investoren übernehmen. Er müsste sie ja nur „sanieren“, wie Michael Spindelegger unschuldig forderte. Damit hätte der Austrokanadier jedenfalls die nächsten 100 Jahre keine Zeit mehr für die Politik.

Die Frage stellt sich aber ohnehin nicht wirklich. Denn die ÖBB, lässt Bures wissen, stünden nicht zum Verkauf. Die ÖVP dürfte das ein wenig anders sehen – aber das muss sich die Koalition intern ausmachen, sollte Stronach tatsächlich Interesse zeigen.

Angeblich hat er das ja schon, wusste Spindelegger von einem „Gerücht“. Welcher Art dieses Gerücht ist, sagte er im „Sommergespräch“ nicht: Wie jenes, dass Moderator Armin Wolf JVP-Mitglied war oder wie jenes, dass Spindelegger als ÖVP-Chef abgelöst wird?

„Ein Gerücht hat immer ein Fünkchen Wahrheit“, erklärt ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch, um gleich klarzustellen, dass es niemals Gerüchte über eine Ablöse Spindeleggers gab (die vergangene Woche lehrte da zwar anderes, aber bitte).

Frank Stronachs Absichten bleiben vorerst im Dunkeln. Er weilt in Kanada, wo es keine ÖVP gibt, keine ORF-„Sommergespräche“, aber eine privatisierte Eisenbahn.

E-Mails an: norbert.rief@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2012)

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