SPÖ lässt die Bauern und Unternehmer beim Entwurf für die Grundbuchgebühr, auf den sich die Regierung am Dienstag im Ministerrat geeinigt hat, ungeschoren – und hofft so auf eine Zustimmung zur „Reichensteuer“.
Wien/ju. Die SPÖ sieht die Neuregelung der Grundbuchgebühr offenbar als Probegalopp für die Einführung von Vermögensteuern: Bundeskanzler Werner Faymann sagte am Dienstag, die im Gesetzesentwurf von Justizministerin Beatrix Karl vorgesehenen Ausnahmeregelungen für „Hauptwohnsitze, Familienunternehmen und dergleichen“ seien „keine schlechte Grundlage“ für die Definition von Vermögenswerten bei der geplanten Reichensteuer.
Der Entwurf für die Grundbuchgebühr, auf den sich die Regierung am Dienstag im Ministerrat geeinigt hat, sieht vor, dass für Immobilientransaktionen innerhalb der Familie sowie in der Landwirtschaft und bei Unternehmen der (niedrige) dreifache Einheitswert des Objekts als Basis herangezogen wird, dass sich die Gebühr aber bei allen anderen Transaktionen am hohen Verkehrswert bemisst. Der Unterschied macht selbst bei durchschnittlichen Immobilientransaktionen mehrere tausend Euro aus.
Androsch: Unfassbar kurzsichtig
Ex-Finanzminister Hannes Androsch (SPÖ) sagte zur „Presse“, er zweifle stark daran, dass die geplanten Ausnahmen „verfassungsrechtlich Bestand haben“. Auch die Konstruktion einer Gerichtsgebühr als „Steuer“ sei verfassungsrechtlich bedenklich. Er empfehle, von dieser „unfassbar kurzsichtigen und standortschädlichen Lösung“ Abstand zu nehmen.
Für die Vermögensteuer würde das Vorbild Eintragungsgebühr bedeuten, dass selbst bewohnte Immobilien, landwirtschaftliche Betriebe und Unternehmen von der „Reichensteuer“ ausgenommen oder zumindest viel niedriger versteuert würden. Das würde auf eine klassische „Mittelstandssteuer“ hinauslaufen, weil große Vermögen überwiegend in Form von Betriebsvermögen oder großen Agrar-Immobilien angelegt sind.
Auch die geplanten Einnahmen dürften so nicht erreichbar sein: Die vom früheren SP-Finanzminister Ferdinand Lacina abgeschaffte alte Vermögensteuer war zu 80 Prozent aus Steuern auf Betriebsvermögen gespeist worden.
Hausbesitzer: Versteckte Steuer
Für den Präsidenten des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes, Martin Prunbauer, wäre schon die am Verkehrswert bemessene Grundbucheintragungsgebühr eine Form der Vermögensteuer: „Eine Gebühr ist etwas, das ich bezahle, um eine Leistung zu bekommen“, sagte Prunbauer im Gespräch mit der „Presse“. Nachdem der Wert der Immobilie praktisch keinen Einfluss auf den Umfang der Leistung bei der Grundbucheintragung habe, sei alles andere als eine Fixgebühr also eine versteckte Steuer.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2012)