MEL-Anleger: Vergleichsanbot nicht Pflicht

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Das OGH sieht kein Mitverschulden, wenn Geschädigte einen Vergleich mit Meinl-Bank ausschlugen.

Wien/Kom. Wer infolge schlechter Beratung Verluste mit Papieren der Meinl European Land (MEL) erlitten hat, braucht sich im Schadenersatzprozess kein Mitverschulden entgegenhalten zu lassen, wenn er ein Vergleichsangebot der Meinl-Bank ausschlägt. Das geht aus einer aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) hervor, mit der Ersatzansprüche einer geschädigten Anlegerin in voller Höhe des festgestellten Schadens bestätigt wurden. „Dass die Klägerin durch die Nichtannahme dieses Vergleichsvorschlags nicht gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen hat, liegt auf der Hand“, heißt es in der OGH-Entscheidung (2 Ob 238/12g) wörtlich.

Die Frau hatte rund 30.000 Euro geerbt und auf Anraten eines Salzburger Vermögensberaters in – vermeintlich sicheren – MEL-Zertifikaten angelegt. Wäre sie informiert worden, dass die Papiere nicht so sicher wie ein Sparbuch waren, hätte sie diese nicht erworben. Als sie einen Teil verkaufte, musste sie einen Verlust von 11.473,22 Euro hinnehmen.

Meinl Bank bot 15 Prozent

Der beklagte Vermögensberater machte sie für den Schaden mitverantwortlich; denn sie hätte ein Vergleichsangebot der Meinl Bank annehmen können: Demnach hätte sie 15 Prozent des investierten Geldes (also 4500 Euro) erhalten, wenn sie auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Meinl Bank, der Meinl Success AG und gegenüber Julius Meinl persönlich verzichtet hätte. Ansprüche gegen Dritte, wie insbesondere MEL und deren Nachfolgerin Atrium, hätte die Anlegerin der Meinl Bank abtreten müssen (im Gegenzug zu einer 40-Prozent-Beteiligung an einem etwaigen Prozesserfolg).

Wie der OGH nun entschied, muss der Klägerin zugebilligt werden, sich weitere Klagen etwa wegen einer Verletzung der Prospektpflicht vorzubehalten; auch hätte die Klägerin ihren Anspruch gegen den Vermögensberater als einen „Dritten“ aufs Spiel gesetzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2013)

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