Strompreis sinkt, aber nicht für Private

Strompreis sinkt aber nicht
Strompreis sinkt aber nicht(c) AP (MICHAEL PROBST)
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Nur in sechs EU-Ländern bezahlen Haushaltskunden mehr für ihren Strom als in Österreich. Vom niedrigen Strompreis in Europa profitiert hierzulande nur die Industrie.

Wien/Auer. Wer dieser Tage seinen Strom- oder Gasanbieter wechselt, erlebt mitunter eine unangenehme Überraschung. Obwohl der neue Lieferant niedrigere Preise verlangt, fällt die Rechnung höher aus. Schuld daran könnten die Netzbetreiber sein, sagt der Energieregulator E-Control und will nun prüfen, ob Netzbetreiber den Stromverbrauch absichtlich zu hoch einschätzen, um den Kunden den Wechsel zu „vermiesen“.

Das ist in einem Land, in dem zwölf Jahre nach der Liberalisierung des Strommarkts neun von zehn Österreichern immer noch beim lokalen (meist teureren) Ex-Monopolisten sind, guter Grund zur Aufregung. Christian Neubauer von Wien-Energie-Stromnetz versteht das nicht. Die Vorwürfe seien „aus der Luft gegriffen“, sagt er. Möglich sei nur, dass nach einem Wechsel ein Teilbetrag ausfalle und die übrigen dadurch stark steigen. Am Ende des Jahres gleiche sich aber alles wieder aus.

E-Wirtschaft: Preise sind „fair“

Selbst wenn sich die Debatte letztlich als Sturm im Wasserglas entpuppen sollte, Österreichs Haushalte zahlen in jedem Fall zu viel für Strom und Gas, sagte E-Control-Ko-Vorstand Walter Boltz. Europaweit sind die Strompreise an den Börsen seit 2008 konstant auf niedrigstem Stand. Während die heimische Industrie davon stark profitiert, bezahlen die Haushalte unverändert hohe Preise (siehe Grafik). Im EU-Vergleich liegen die Preise (inklusive Netzgebühr, ohne Steuern und Abgaben) nur in sechs von 33 Ländern über dem Niveau in Österreich. „Sind die Unternehmen beim Stromeinkauf wirklich so ungeschickt oder sind vielleicht doch die Margen zu hoch?“, fragt Boltz. Seit 1,5 Jahren kämpft der Regulator darum, Einblick in die Beschaffungskosten der Anbieter zu erlangen. Diese wehren sich mit Händen und Füßen. Das grundsätzliche Okay für die Untersuchung hat der VfGH bereits gegeben. wann es so weit sein wird, entscheidet der VwGh.

Bei der E-Wirtschaft versteht man die Aufregung nicht. Die Preise seien „fair“, eine Senkung angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Branche nicht drin, heißt es auf Anfrage beim Lobbyverband Oesterreichs Energie. Außerdem könne man nur ein Drittel der Rechnung, nämlich den Energiepreis, beeinflussen.

23 Mio. mehr Netzkosten in Wien

Tatsächlich sind die übrigen Kosten, die Stromkunden zu tragen haben, zuletzt teilweise gestiegen. Die Steuern gingen kurz nach der Liberalisierung steil nach oben, sind seither aber mehr oder weniger stabil. Auch, weil es nicht mehr so einfach ist, neue Stromsteuern zu erlassen. „Jetzt muss der Kunde über Gebühren bezahlen“, sagt Boltz. Egal, ob für Ökostrom oder fossile KWK-Anlagen. Für fast jedes Kraftwerk gibt es heute Förderungen. Und auch die Netzgebühren fallen heuer um 29 Mio. Euro höher aus als 2012. 23 Mio. Euro davon werden die Wiener Stromkunden schultern. Sie zahlen dafür, dass die Stadt Wien den Stadtwerken Mitte der 90er-Jahre die Pensionsrückstellungen für Beamte und Vertragsbedienstete der Stadt aufgehalst hat. Sie wurden neu bewertet und stiegen um 200 Mio. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2013)

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