Banker fordern Selbstbehalt für Spareinlagen

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Banker Selbstbehalt Nationalbank(c) dapd (Hans Punz)
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Experten fordern eine Reform der Einlagensicherung: Gerät eine Bank in eine Schieflage, sollen auch kleine Sparer zur Kasse gebeten werden.

Wien. Die Zypern-Krise hat auch Österreichs Sparer aufgeschreckt. Ein „Presse"-Rundruf bei Banken zeigt, dass vermögende Sparer beginnen, ihr Geld sicherheitshalber auf mehrere Institute aufzuteilen. Denn derzeit gilt in Österreich und in anderen EU-Ländern die Regel, dass im Fall einer Bankenpleite über die gesetzliche Einlagensicherung nur Guthaben von 100.000 Euro pro Person und Institut abgesichert sind.

In Zypern wurden Großanleger zur Rettung ihres Land ordentlich zur Kasse gebeten. Bei den beiden Großbanken in Nikosia wurden Vermögen von mehr als 100.000 Euro eingefroren und mit einer Zwangsabgabe von bis zu 60 Prozent belegt. Ursprünglich gab es auch die Absicht, kleine Sparer zu schröpfen. Doch dieser Plan wurde nach Protesten wieder fallen gelassen.

In Österreich geht die Debatte für den „Fall der Fälle" jetzt schon los. Ein Selbstbehalt für Sparer wäre eine gesunde Maßnahme", sagte Oberbank-Chef Franz Gasselsberger am Mittwoch: „Da würde die eine oder andere Bank etwas kritischer gesehen." Dass er bei der vormittäglichen Pressekonferenz auch eine Beteiligung der Kleinsparer mit Guthaben unter 100.000 Euro in den theoretischen Selbstbehalt einbezogen hätte, ließ Gasselsberger am Abend dementieren. Er fühle sich missverstanden, so Gasselsberger. Die Einlagensicherung dürfe nicht angetastet werden.

Aber eben diese ist Grund genug für Kontroversen. Auch für den KSV-Insolvenzexperten Hans-Georg Kantner hat die Einlagensicherung einen Konstruktionsfehler. Denn Sparbücher bis zu 100.000 Euro seien praktisch risikolos, so Kantner zur „Presse".

Ähnlich wie in Zypern gab es auch in Österreich in der Vergangenheit Institute (wie Riegerbank und Diskontbank), die besonders hohe Zinsen zahlten. Als diese in die Pleite schlitterten, mussten die anderen Banken über die Einlagensicherung für den Schaden aufkommen, was Kantner für ungerecht hält. Erst wenn die anderen Banken dazu nicht mehr in der Lage sind, springt der Staat ein.

EU: Starkes Nord-Süd-Gefälle

In Europa gibt es bei den Sparzinsen derzeit ein Nord-Süd-Gefälle. Laut Statistik der Europäischen Zentralbank (EZB) liegt in Österreich der durchschnittliche Jahreszinssatz für gebundene Sparbücher bei 1,04 Prozent. Berücksichtigt man die Inflationsrate und die Kapitalertragsteuer, ist Sparen ein Verlustgeschäft. In Italien locken die Banken mit einem durchschnittlichen Zinssatz von 2,83 Prozent, um zu Geld zu kommen. In Griechenland und in Zypern erhielten Sparer zuletzt über vier Prozent. „Je schlechter die Bonität einer Bank ist, umso höher sind oft die Zinsen", sagt KSV-Experte Kantner. Als Lösung schlägt er einen Selbstbehalt vor.

Schon jetzt ist es laut Kantner aufgrund einer EU-Richtlinie möglich, im Krisenfall von Sparern bis zu zehn Prozent einzubehalten. Das bedeutet konkret: Hat jemand beispielsweise bei einer Bank 80.000 Euro liegen, würde er im Pleitefall um 8000 Euro weniger zurückbekommen. Doch in Österreich wollen die beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP davon nichts wissen.

Ärger über Auslandsbanken

Dabei gibt es auch in Österreich Banken aus der Türkei und Russland, die mit überdurchschnittlich hohen Zinsen werben. Diese sammelten bereits Spareinlagen in Milliardenhöhe ein. Kunden gehen damit ein geringes Risiko ein. Denn auch für sie gilt die Einlagensicherung, wonach bis zu 100.000 Euro abgesichert sind.

Den etablierten Großbanken ist die Konkurrenz aus dem Ausland ein Dorn im Auge. Erste-Bank-Chef Andreas Treichl verlangte schon vor Jahren einen Selbstbehalt. Man müsse nicht jede „Pipibank" retten. Andreas Pangl, Geschäftsführer des Fachverbands der österreichischen Raiffeisenbanken, meint dazu: „Jeder Anleger ist gut beraten, genau zu prüfen, wem er sein Geld anvertraut. Aber in der aktuellen Situation ist alles zu vermeiden, was zu einer Verunsicherung der Sparer führen kann."

Auf einen Blick

In Österreich und in anderen EU-Ländern sind Spareinlagen über die gesetzliche Einlagensicherung bis zu 100.000 Euro pro Institut und Person abgesichert. Experten fordern nun einen Selbstbehalt. Damit sollen Sparer am Risiko einer Bank beteiligt werden. „Je schlechter die Bonität einer Bank ist, umso höher sind oft die Zinsen“, sagt beispielsweise KSV-Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2013)

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