Österreich musste bereits 2009 Bankgeheimnis lockern

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Bei einem konkreten Verdacht auf eine strafbare Handlung müssen die Konten von Ausländern schon jetzt geöffnet werden.

Wien. Österreichs Geldinstitute werben im Internet weiterhin mit dem Bankgeheimnis. „Die Presse“ bringt dazu die wichtigsten Fragen und Antworten:

1 Warum dürften Banken grundsätzlich keine Kundendaten weitergeben?

Das österreichische Bankgeheimnis ist durch eine Verfassungsbestimmung stärker als andere Gesetze geschützt. Änderungen können im Nationalrat nur durch eine Zweidrittelmehrheit vorgenommen werden. Der Bank und ihren Mitarbeitern ist es unter Androhung strafrechtlicher Folgen grundsätzlich verboten, Daten und Geschäftsgeheimnisse weiterzugeben.

2 Wann müssen die Banken die Daten von inländischen Kunden weitergeben?

Das Bankgeheimnis gilt nicht bei einem bereits eingeleiteten Strafverfahren. Dazu müssen die Behörden ein Gericht davon überzeugen, dass es gegen einen inländischen Kontoinhaber einen konkreten Verdacht auf Steuerhinterziehung, Steuerbetrug, Geldwäsche oder andere strafbare Delikte gibt. Das Gericht weist dann alle österreichischen Banken an, innerhalb von fünf Tagen die Konten der verdächtigen Personen bekannt zu geben. Die Konten werden per Gerichtsbeschluss geöffnet. Der Betroffene kann, muss aber nicht informiert werden.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft fordert ein zentrales Kontoregister, um bei Wirtschaftsstrafverfahren schneller voranzukommen. Ein solches Register gibt es in Italien und in Frankreich. In Österreich brauchen die Behörden viel Zeit, um herauszufinden, bei welcher Bank ein Verdächtiger ein Konto hat. Denn es müssen 800 Geldinstitute abgefragt werden.

3 Wie müssen sich die Banken gegenüber ausländischen Bürgern verhalten?

Österreichische Banken werben im Internet mit dem Bankgeheimnis: „Höchstmögliche Diskretion wird in Österreich [. . .] weiterhin aktiv gelebt und erhält damit ungebrochen die besondere Attraktivität des Finanzplatzes Österreich.“ Dabei wurde das Bankgeheimnis für Steuerausländer bereits im September 2009 gelockert. Seit damals ist eine Auskunftserteilung gegenüber ausländischen Behörden möglich. Dafür ist ein begründeter Verdacht auf Steuerhinterziehung oder eine andere strafbare Handlung in Zusammenhang mit dem Konto in Österreich notwendig. Die ausländischen Ermittler müssen zuerst die österreichischen Behörden kontaktieren. Diese prüfen dann, ob die Anfrage „erheblich“ ist und ob im anfragenden Staat alle innerstaatlichen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden. Wird das Ansuchen bewilligt, werden die Bank und der Kontoinhaber informiert. Der Kunde hat dann die Möglichkeit, gegen den Bescheid zur Offenlegung seiner Konten zu berufen.

Das lange und umständliche Verfahren ist ausländischen Behörden ein Dorn im Auge. Sie wollen einen automatischen Informationsaustausch. Alle EU-Staaten außer Österreich und Luxemburg informieren derzeit unaufgefordert die Heimat-Finanzämter über Einkünfte von EU-Bürgern, die nicht im jeweiligen Land steuerpflichtig sind. Luxemburg möchte nun hier gleichziehen.

4 Wie werden die Einlagen von ausländischen Kontoinhabern besteuert?

Ausländische Staatsbürger zahlen in Österreich eine Quellensteuer. Diese wird von den Banken auf anonymisierte Weise und ohne die Weitergabe von persönlichen Daten abgeführt. Auch die Schweiz und Luxemburg verfahren so. Der Steuersatz lag bei Einführung der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie Mitte 2005 bei 15 Prozent und wurde später auf 35 Prozent angehoben.

Von der Abgabe verbleiben 25 Prozent als Verwaltungsgebühr in Österreich. Die restlichen 75 Prozent werden an die einzelnen EU-Wohnsitzstaaten der Bankkunden überwiesen. Die Quellensteuer wird aber bei ordnungsgemäßer Versteuerung im Heimatstaat angerechnet.

5 Warum ist Österreich in anderen Bereichen für einen Informationsaustausch?

Die Geheimhaltung gilt derzeit nur noch für Bankguthaben. In anderen Bereichen gab Österreich dem internationalen Druck bereits nach. Ab 2014 wird Österreich die Heimat-Finanzämter von EU-Bürgern, die nicht in Österreich steuerpflichtig sind, automatisch über deren Gehälter, Pensionen und Mieteinnahmen informieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2013)

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