Die Meinl-Bank wollte von Gutachter Geyer Nachweis über seinen Versicherungsschutz haben. Es war nicht der erste Rechtsstreit zwischen Meinl und einem Gutachter.
Wien/Jaz. So fängt keine Freundschaft an: Martin Geyer, der dritte Gutachter in der Causa Meinl, hatte seine Arbeit gerade einmal ein paar Monate aufgenommen gehabt, von einem Ergebnis war noch lange nicht zu reden, da wurde er von der Meinl-Bank im August 2012 bereits geklagt. Konkret wollte die Bank auf diesem Weg erfahren, wie hoch der Haftpflicht-Versicherungsschutz von Geyer sei. Gleichzeitig soll sie den Gutachter in einem Schreiben darauf aufmerksam gemacht haben, dass er „persönlich und unbeschränkt“ für jeden Schaden haftbar gemacht werde, der durch sein Gutachten entstehen könnte.
Nun ist Meinl mit seinem Ansinnen abgeblitzt. Das Oberlandesgericht Wien stellte in zweiter und letzter Instanz in seinem Urteil, das der APA vorliegt, fest, dass keine Regelung existiere, wonach Geyer „Auskünfte über die Haftpflichtversicherung zu erteilen“ habe. Meinl müsse Geyer nun knapp 3000 Euro ersetzen.
Dirty-Campaigning von Meinl?
Das Urteil ist zwar ein Neben-Nebenschauplatz der Causa Meinl, wirft aber ein bezeichnendes Licht auf den gesamten Fall. So ist dies nicht die erste Klage gegen einen Gutachter, die Meinl angestrengt hatte – und die er schlussendlich verlor. Gleichzeitig mokieren sich die Anwälte von Meinl regelmäßig über die unverhältnismäßig lange Dauer des Verfahrens. Das letzte Mal wurde just am Tag vor Einbringung der nun abgewiesenen Klage gegen Geyer ein entsprechender Brief eines britischen Meinl-Advokaten an das Außenministerium in London öffentlich.
Dass es sich dabei um keine Zufälle handelt, dürfte spätestens seit Ende Jänner 2013 klar sein. Da wurde ein bei einer Hausdurchsuchung gefundenes Papier publik, in dem der Plan für ein juristisches und mediales „Dirty Campaigning“ gegen Geyer festgehalten worden war. Vor allem seine Befähigung als Gutachter für hochkomplexe Wirtschaftsstrafverfahren sollte dabei infrage gestellt werden.
Dazu kam auch Plagiatsjäger Stefan Weber ins Spiel, der etwa in Geyers Diplomarbeit 36 Plagiatsfragmente gefunden haben soll. Auch die Eintragung in die Sachverständigenliste soll sich Geyer erschlichen haben. Entsprechende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden jedoch Mitte April eingestellt. Sämtliche Vorwürfe seien vom Tisch, hieß es damals.
Auch in Causa Libro Kritik
Allerdings ist Meinl mit seiner Kritik an Geyer nicht vollkommen allein. So gab es auch in der Causa Libro von den Anwälten des schlussendlich verurteilten Ex-Libro-Chefs André Rettberg heftige Vorwürfe gegen die Expertise von Gutachter Geyer. Dieser soll nämlich bei der Justiz vor allem deswegen beliebt sein, weil er kurz und klar formuliert und Sachverhalte auch – im Sinne der Anklage – interpretiert.
Zu starken Druck von der Staatsanwaltschaft auf den Inhalt des Gutachtens nannte Geyers Vorgänger Fritz Kleiner übrigens als Grund für seinen Rücktritt. Er streitet mit dieser nun über sein Honorar. Kleiner hatte wiederum Thomas Havranek beerbt, der auf Betreiben von Meinl abberufen wurde, weil er vor der Erteilung des Gutachterauftrages einen kritischen Kommentar über Meinl in einer Zeitung geschrieben hatte. Sein „Vorgutachten“ führte 2009 zur Verhaftung von Julius Meinl. Eine Schadenersatzklage Meinls gegen Havranek über zehn Mio. Euro blitzte 2012 aber ebenfalls ab.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2013)