EU: Energie lieber leistbar als grün

Energie lieber leistbar
Energie lieber leistbar (c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
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Brüssel will die hohen Energiepreise für Konsumenten und Unternehmen drücken. Industrie und Konsumentenschützer haben das lange gefordert. Zufrieden sind sie aber nicht.

Wien. Im Vorfeld des heutigen EU-Gipfels gingen die Postkästen der Staats- und Regierungschefs fast über. Schließlich hatte sich die EU vorgenommen, endlich gegen die hohen Energiepreise am Kontinent vorzugehen. Hochsaison also für Lobbyisten, die ihre Schützlinge im Verteilungskampf in Stellung bringen mussten. Am Ende war niemand so richtig zufrieden. Umweltschützer verschickten am Dienstag offene Briefe an Kanzler Werner Faymann (SPÖ), in denen sie vor Förderung für Atomkraftwerke warnten. Gleichzeitig deponierte auch die heimische Industrie ihren Unmut über die Ergebnisse des Treffens schon tags zuvor bei der Regierungsspitze. Grundtenor: Energie in Europa ist und bleibt zu teuer. Für Konsumenten und für die Industrie.

„Politische Kosten“ senken

Dabei hat der Gipfel eigentlich das Zeug dazu, die Weichen für Europas Energiepolitik neu zu stellen. Glaubt man vorab kursierenden Abschlussdokumenten, will sich die EU in der Energiepolitik künftig ein neues Ziel setzen: „erschwingliche“ Energie zu produzieren.

Um das zu gewährleisten, sollen die Förderungen für erneuerbare Energieträger auf neue, „kostenorientierte“ Beine gestellt werden. Bis Ende des Jahres will die EU klären, wie sich die Energiekosten zusammensetzen und wo die Preistreiber versteckt sind. Eine Frage, auf die die heimische Industrie schon eine Antwort gefunden haben will. Es seien vor allem die „politischen Kosten von Energie“, verursacht durch Kosten aus ineffizienter Förderung von erneuerbaren Energien, Energiesteuer und Netzabgaben, schreibt die Industriellenvereinigung. In Österreich ist der Strompreis tatsächlich nur zu einem Drittel vom Energiepreis abhängig. Der Rest sind Steuern, Abgaben und Netzgebühren.

Verlagern Europas Politiker die Gewichtung der Energiepolitik tatsächlich vom Ausbau der Erneuerbaren zu (fast) jedem Preis hin zu günstigeren Preisen, folgen sie letztlich den Argumenten der europäischen Industrie. So wie sie etwa Markus Beyrer, zuletzt ÖIAG-Vorstand, heute Chef von Business Europe, in einem Brief an den irischen Premier, Enda Kenny, formuliert hat. In diesem Schreiben, das der „Presse“ vorliegt, zitiert Beyrer eine Auftragsstudie von Frontier Economics, die sich mit den Kosten der europäischen Energiepolitik auseinandersetzt. Demnach bezahlen Industriebetriebe in Europa bis zu drei Mal höhere Stromrechnungen als in den USA. Bei Gas ist der Unterschied noch höher.

Energie
Energie (C) DiePresse

Private zahlen für Energiewende

Schuld daran sei unter anderem das Denkverbot bei der Schiefergasförderung in Europa, kritisiert Beyrer. Ein Punkt, den sämtliche Grün-Parteien des Kontinents anders sehen. Zweiter Kritikpunkt ist die teure Förderung für erneuerbare Energieträger. Allein im Jahr 2011 hätten die Europäer demnach 37 Mrd. Euro an Subventionen für Ökostrom bezahlt. Die Kosten pro Megawattstunde stiegen um 13 Euro.

Bezahlt haben sie allerdings in erster Linie die privaten Stromkunden. Denn während die Strompreise an den Börsen seit 2008 konstant auf niedrigem Niveau sind, sanken die Preise für heimische Haushalte kaum (siehe Grafik). Im EU-Vergleich liegen die Preise (inklusive Netzgebühr, ohne Steuern und Abgaben) nur in sechs von 33 Ländern über dem Niveau in Österreich. Die energieintensive Industrie profitierte hingegen einerseits von niedrigen Börsenpreisen und ist andererseits in vielen Ländern von den Kosten der Energiewende weitgehend ausgenommen.
EU-Gipfel zu Steuerflucht Seite17

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2013)

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