dayli kündigt 336 Mitarbeiter

Die Presse
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dayli-Chef Haberleitner verhandelt seit knapp einem Monat mit Investoren und muss jetzt 103 Filialen definitiv zusperren. Die Gewerkschaft tobt.

[Wien] Es ist ein wenig grotesk. Da ist einerseits ein Gewerkschafter, Karl Proyer von der GPA-djp, der um die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter von dayli regelrecht buhlt. Und da ist auf der anderen Seite die dayli-Betriebsratsvorsitzende, Ester Udvardy, die sagt: „Wir haben momentan wirklich andere Probleme, als uns mit der Gewerkschaft auseinanderzusetzen." Aus der GPA-djp sind die Mitarbeiter von dayli nämlich bereits im Februar gesammelt ausgetreten.

„Andere Probleme" gibt es bei dayli wahrlich genug: Seit Donnerstag steht es definitiv fest, dass die Handelskette 336 Mitarbeiter entlassen wird. 103 Filialen werden geschlossen. Vor einem Monat sind 540 Mitarbeiter vorsorglich zur Kündigung angemeldet worden, damals war von 186 gefährdeten Filialen die Rede (DiePresse.com berichtete). Man habe sich bei den Schließungen auf die „ganz kleinen Filialen, die eigentlich nicht in das neue Konzept von dayli passen" konzentriert, sagte dayli-Chef Rudolf Haberleitner der „Presse". Wann genau welche Filialen geschlossen werden, konnte Haberleitner noch nicht mitteilen. Das hänge vom Anstellungsverhältnis der Mitarbeiter und entsprechenden Kündigungsfristen ab.

Der Betriebsrat hat mit der Unternehmensführung bereits einen Sozialplan ausgehandelt. Für Gewerkschafter Proyer ist dieser aber eine Farce: „Es fehlen vernünftige Absicherungen, zusätzliche Abfertigungen. Ich rate den betroffenen Mitarbeitern, nichts zu unterschreiben." (>>>mehr dazu). Ob mit den Kündigungen die Probleme vom Tisch sind, ist fraglich. Denn seit dem Ausstieg von Hälfte-Eigentümer Novomatic steht es schlecht um die Handelskette. Vor einigen Wochen ließ Haberleitner noch wissen, dass er akut 25 Mio. Euro benötige. Er sei mit zwei internationalen Investoren im Gespräch.

Kurz davor war ein Brief von Haberleitner an seine Lieferanten bekannt geworden, in dem er um einen zweimonatigen Zahlungsaufschub gebeten hatte. Am Donnerstag zeigte sich Haberleitner gegenüber der „Presse" ungebrochen optimistisch. Es sei „alles in bester Ordnung". Die Verhandlungen mit einem Investor seien „in der Abschlussphase" und mit den Lieferanten sei man „in gutem Einvernehmen".

Frage der Konkursverschleppung

Während Haberleitners „Lieferantenbrief" in Kreditschützerkreisen vor einigen Wochen als „Eingeständnis einer drohenden Insolvenz" bezeichnet wurde - und Haberleitner darauf entrüstet Geschäftsschädigung witterte - zeigt man sich jetzt vorsichtiger. Gerhard Weinhofer von der Creditreform etwa will das Wort „Zahlungsunfähigkeit" derzeit nicht in den Mund nehmen. Denn so einfach sei diese rechtlich nicht zu definieren. An sich bleiben einem Unternehmen, wenn ab einem bestimmten Zeitpunkt Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit nachgewiesen werden kann, 60 Tage Frist, um seine Finanzen in Ordnung zu bringen. Danach besteht der Tatbestand der Konkursverschleppung. Diese 60 Tage sind seit dem „Lieferantenbrief" vom 3. Mai fast verstrichen. Aber ob Haberleitner zu jenem Zeitpunkt zahlungsunfähig war oder nicht, wird sich erst herausstellen, wenn die Kreditschützer Einblick in die Bücher bekommen. Den gibt es erst, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Dieses kann von jedem Gläubiger beantragt werden.

Noch verhalten sich die 700 Lieferanten ruhig. Laut Betriebsratschefin Udvardy wurden Löhne und Gehälter bisher ordnungsgemäß bezahlt. Das Vertrauensverhältnis zwischen den Mitarbeitern und ihrem Chef scheint intakt, auch wenn die Gewerkschaft üble Machenschaften wittert. Ob das gerechtfertigt ist, wird sich zeigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe vom 21.6.2013)

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