Warum ein 2900-Euro-Job nicht besetzt werden konnte

Warum 2900EuroJob nicht besetzt
Warum 2900EuroJob nicht besetzt(c) Clemens Fabry
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Ein Bauunternehmer suchte für ein Projekt kurzfristig neue Mitarbeiter und wandte sich an das Arbeitsmarktservice. Von elf Kandidaten wollte, oder konnte keiner die gut bezahlte Stelle annehmen.

Wien. Die Summe macht stutzig: 2900 Euro netto soll die oberösterreichische Gerüstbaufirma Dietz für den Baujob geboten haben. Das sind – ohne Berücksichtigung etwaiger Frei- und Absetzbeträge – rund 5000 Euro brutto im Monat. „Das ist ein hoher Betrag, keine Frage. Aber der Unternehmer ist bereit, das zu bezahlen, weil er sonst die Leute nicht bekommt.“ In der Hochsaison sei das laut der Firma Dietz durchaus üblich, sagt Erhard Prugger von der Wirtschaftskammer Oberösterreich (WKOÖ).

Der Chef der Firma in Weißkirchen an der Traun hatte sich verärgert an seine Interessenvertretung gewandt, weil er die Stelle trotz des guten Lohns nicht besetzen konnte. Er hatte einen Auftrag für eine Baustelle in Niederösterreich bekommen und suchte dafür kurzfristig Mitarbeiter. Weil er keine finden konnte, habe er den Auftrag absagen müssen. „Er sieht nicht ein, dass von elf nicht einer übrig bleibt.“ Die WKOÖ reagierte mit einer Aussendung und kritisierte die Begründungen, mit denen die vom Arbeitsmarktservice vermittelten Kandidaten ablehnten – oder nicht einmal das: Fünf Kandidaten hätten sich nicht gemeldet, zwei seien nicht erreichbar gewesen und vier hätten mit Begründungen abgelehnt wie „Gerüstbau ist nichts für mich“ oder „Bin auf Urlaub“. Die Kammer sieht das als „schallende Ohrfeige für alle einstellungswilligen Arbeitgeber“ und auch für die Arbeitnehmer im Land und fordert schärfere Sanktionen bei Arbeitsunwilligkeit.

Kontaktiert wurden Kraftfahrer, weil beim Gerüstbau viel transportiert werden muss. Eine entsprechende Ausbildung brauche man hingegen nicht, sagen sowohl die WK als auch das Arbeitsmarktservice (AMS). Karl Fakler, Leiter des AMS Niederösterreich, sieht aber nicht, dass alle vorgeschlagenen Arbeitslosen unwillig waren. Zwei hätten bereits einen anderen Job gehabt, vier hätten keinen Lkw-Führerschein gehabt, der aber Bedingung für die Stelle war. Bei einem vermutet Fakler, die Firma habe ihn nicht genommen, weil er einen Privatkonkurs laufen hat. Und zwei Personen wurde das Arbeitslosengeld bereits gesperrt. „,Bin auf Urlaub‘ halte ich für eine bodenlose Frechheit, die sich das AMS nicht gefallen lassen kann“, sagt Fakler und hofft, „dass das die sind, denen das Geld schon gesperrt wurde“.

Sperre bei Arbeitsunwilligkeit

„Der Anteil der Arbeitsunwilligen ist viel geringer, als man glaubt“, sagt Johannes Kopf, Vorstand des AMS Österreich. Sein niederösterreichischer Kollege Fakler schätzt ihn auf unter fünf Prozent. Wer einen „zumutbaren“ Job ablehnt, dem wird das Arbeitslosengeld für sechs Wochen gestrichen, im Wiederholungsfall acht Wochen. 2012 wurden 99.000-mal Arbeitslosenbezüge gesperrt. „Das tut den Menschen empfindlich weh“, sagt Fakler. Schärfere Sanktionen hält er nicht für zielführend. Anders die WK. „Solche Fälle kommen immer wieder vor“, sagt Prugger. Die überwiegende Mehrheit der Arbeitslosen suche engagiert und ehrlich einen Job. „Aber die muss man schützen vor dieser Minderheit, die nicht will. Da müsste man viel konsequenter sein.“ Unwilligkeit verurteilt auch das AMS: „Wer sich so verhält, ist absolut unsolidarisch und hat das Prinzip nicht verstanden“, sagt Fakler.

Die Arbeiterkammer sieht im Vorstoß der Wirtschaftskammer einen „Angriff auf Arbeitslose“: „Man kann nicht ausschließen, dass es Arbeitsunwillige gibt. Aber ich wehre mich gegen eine Verallgemeinerung“, sagt Johann Kalliauer, Leiter der Arbeiterkammer Oberösterreich. Er verstehe den Ärger des Unternehmers – die Sanktionen jedoch seien schon jetzt „entsprechend massiv“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2013)

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