Leiharbeit: Lohndumping aus dem Ausland

Leiharbeit Anbieter beklagen Lohndumping
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Weil Leiharbeiter seit Jahresbeginn besser bezahlt werden müssen, holen sich immer mehr Betriebe ausländische Leiharbeiter. Dies geschieht oft illegal.

Wien/Es/Cka. Die Nachfrage nach Leiharbeitern ist nach Angaben der Personaldienstleister ungebrochen groß. Trotzdem ist die Zahl der Leiharbeiter in Österreich im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent gesunken, von rund 75.000 auf 68.000 Beschäftigte.

Den Grund dafür sehen Trenkwalder und Branchenkollegen indirekt im strengeren Arbeitskräfteüberlassergesetz (AÜG neu), das seit Anfang des Jahres Leiharbeiter mit der Stammbelegschaft der Beschäftigerbetriebe rechtlich gleichstellt. Deshalb würden mehr und mehr Firmen auf ausländische Personaldienstleister zurückgreifen, die ihnen billigere Arbeitskräfte verschaffen würden – mit Stundenlöhnen weit unter dem Kollektivvertrag.

Zehn Euro weniger Stundenlohn

So würde ein inländischer Facharbeiter Arbeitskosten von 27 bis 28 Euro pro Stunde verursachen, bei einem ausländischen würde der Betrag zwischen 17 und 18 Euro liegen, sagt der Personaldienstleister Gerhard Flenreiss. Das ist nach dem 2011 verabschiedeten Lohndumpinggesetz illegal. Dieses Gesetz diente dazu, die Arbeitnehmerfreizügigkeit für „neue“ EU-Länder wie Polen, Tschechien, die Slowakische Republik, Ungarn und Slowenien zu reglementieren und besagt, dass ausländischen Dienstnehmern, sobald sie in Österreich arbeiten, der gleiche kollektivvertragliche Mindestlohn zusteht. „Das Gesetz dazu gäbe es also, es bräuchte nur strengere Kontrollen, um es auch zu exekutieren“, so Flenreiss.

Über „viel zu wenig Kontrolldichte“ klagt auch die Arbeiterkammer. „Mehr Kontrollen wären kein ,Verwaltungs-Overkill‘“, sagt Christoph Klein, stellvertretender Leiter der Abteilung Sozialpolitik. „Sie brächten dem Staat ja auch Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer. Und schützen die seriöse Wirtschaft.“

Kontrollen gebe es sehr wohl, halten Sozial- und Finanzministerium dagegen. Nur welche von den kontrollierten Arbeitnehmern Leiharbeiter seien, darüber gebe es keine Zahlen. Die Finanzpolizei hat in Zusammenarbeit mit der Gebietskrankenkasse laut Angaben des Sozialministeriums seit Beginn 2011 62.861 Betriebe kontrolliert, und zwar auf Unterentlohnung, aber auch auf andere arbeitsrechtliche Verstöße. Die Strafen für arbeitsrechtliche Verstöße können zwischen 1000 und 50.000 Euro liegen.

Für die Kontrollen am Bau wiederum ist die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) zuständig. Kontrolliert wird, ob die Sozialversicherungspflicht eingehalten wird – die Bauarbeiter also angemeldet sind – und auch, ob die korrekten (Grund-)Löhne gezahlt werden.

Genau an diesem Punkt kann es sich spießen – weil laut Lohndumpinggesetz eben nur die Einhaltung der Mindestlöhne, aber nicht auch die Zahlung der Zuschläge geprüft wird, die die Stammbelegschaft bekommt. Nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz stehen diese aber auch den Leiharbeitern zu.

Ball der Gewerkschaft zuspielen

Laut Hermann Danner, oberösterreichischer Berufsgruppensprecher der Personaldienstleister, fühlt sich hingegen niemand für das Problem der ausländischen Leiharbeiter zuständig: „Bei der Finanzpolizei bekomme ich regelmäßig zu hören, ohne Anzeige wird nichts unternommen.“ Danner würde „den Ball gerne den Gewerkschaften zuspielen. Die hacken ständig auf den Personaldienstleistern herum.“ Und würden wegschauen, wenn sich durch die Hintertür schlechtere Bedingungen durchsetzen. So nütze das strengere Gesetz gar nichts.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2013)

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