Bei einem Streik können sich Airlines normalerweise auf "außergewöhnliche Umstände" berufen. Nicht so die Iberia, entschied das Handelsgericht Wien.
Bei einem Prozess am Handelsgericht Wien hat es ein bemerkenswertes Urteil gegen die spanische Airline Iberia gegeben: Die Fluglinie kann sich bei einem Streik nicht automatisch auf "außergewöhnliche Umstände" berufen. Demnach kann sie sich auch nicht ihrer Pflicht entledigen, betroffenen Passagieren einen Ausgleich für einen gestrichenen Flug zu zahlen. Die Iberia hatte den Kurs Madrid-Wien annulliert. Zwei betroffene Passagiere buchten selber um und stritten wegen ihrer Auslagen vor dem Kadi.Es handelte sich nach Angaben der Konsumentenschützer um ein Urteil beim Berufungsgericht, das noch nicht rechtskräftig ist. Die beklagte Fluggesellschaft kann sich noch an den Obersten Gerichtshof (OGH) wenden.
Das ändert laut Handelsgericht nichts an der Zahlungspflicht: In Summe hat die beklagte Fluggesellschaft jetzt die Passagieransprüche samt Zinsen (1421 Euro) sowie die Verfahrenskosten zu berappen. Die Fluglinie verweigerte die Zahlung der Mehrkosten für den Ersatzflug und lehnte die Zahlung der Ausgleichsleistung in Höhe von 400 Euro pro Person ab. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) nahm sich im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums der Sache an und bekam jetzt in der Berufung recht. Ein Bezirksgericht hatte zuvor den Anspruch der betroffenen Iberia-Passagiere abgelehnt.
Außergewöhnliche Umstände
Grundsätzlich ist es so, dass nach der Fluggastrechteverordnung 261/2004 eine Fluglinie bei Annullierung die Ausgleichsleistung von 250 bis 600 Euro - je nach Flugdistanz - nicht zahlen muss, wenn sie nachweisen kann, dass die Annullierung auf "außergewöhnliche Umstände" zurückgeht und sich auch dann nicht hätte vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Neben Naturkatastrophen zählen üblicherweise auch Streiks zu solchen außergewöhnlichen Umständen.
Es ist eine häufige Praxis der Fluglinien, Ansprüche aus der Fluggastrechteverordnung bei einem Streik mit der Begründung abzulehnen, dass es sich dabei um einen außergewöhnlichen Umstand handle, der nicht in der Einflusssphäre der Fluglinie liegt. Doch ein Streik gilt aber nicht automatisch als außergewöhnlicher Umstand, schreibt das Ministerium unter Berufung auf den Richterspruch. Der geforderte Entlastungsbeweis sei der Fluglinie für den konkreten Flug nicht gelungen. So habe sie nicht darlegen können, wann sie vom Streik erfuhr bzw. zu welchem Zeitpunkt bekannt war, welche Flüge davon betroffen waren. Damit blieb auch unklar, ob es zeitlich und personell möglich gewesen wäre, sich auf den Streik einzustellen und entsprechend zu reagieren.
(APA)