EVN an Ex-Kunden: Zieht euch warm an

(c) FABRY Clemens
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Die EVN warnt untreue Kunden vor einem kalten Winter mit neuen Gaslieferanten. Ein etwas eigentümliches Verständnis von Wettbewerb.

Ein wenig mulmig kann einem schon werden, wenn man das Schreiben liest, das die EVN derzeit an viele ihrer früheren Gaskunden verschickt. Allein der Betreff: „Versorgungssicherheit Heizperiode 2013/14“ lässt nichts Gutes vermuten. Wer sitzt schon gern in der Kälte? Und gab es da nicht erst unlängst Schlagzeilen über halb leere Gasspeicher in Österreich und Bilder von frierenden Osteuropäern während der Gaskrise? Wirklich wohl fühlt man sich dabei nicht.

Doch die EVN setzt noch eines drauf und warnt ihre Exkunden, dass ihre neuen (meist billigeren) Lieferanten leider kein Gas in „österreichischen Gasspeichern“ lagern, um so „auch an sehr kalten Tagen“ einen „Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten“.

Was an diesen „sehr kalten Tagen“ im Winter nun passieren wird, bleibt der Fantasie der fahnenflüchtigen Kunden überlassen. Aber allzu schwer ist die gedankliche Brücke nicht, die der Absender suggeriert: Mein neuer Anbieter ist zwar viel günstiger, aber woher soll mein Gas kommen, wenn er keine Speicher hat? Also doch zurück in den heimeligen Schoß des vertrauten (aber teuren) Landesversorgers?

Diese Verunsicherungskampagne der niederösterreichischen EVN zeugt nicht nur vom äußerst eigentümlichen Verständnis, das offenbar in der Firmenzentrale in Maria Enzersdorf vom freien Wettbewerb herrscht, sie hat auch nichts mit der Realität zu tun. Niemand, der einen Gasliefervertrag hat, wird in Österreich im Winter frieren müssen. Den Beweis dafür tritt der heimische Regulator E-Control in einem noch unveröffentlichten Gutachten an: Jeder einzelne Gasversorger in Österreich komme seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit gleich gut nach, heißt es da. Egal, ob er – wie die EVN – seine eigenen Speicher volllaufen lässt, oder – wie manche Billiganbieter – bei Engpässen eben eine Liefergarantie der Mutterkonzerne hat.

Und selbst im Extremfall, wenn also ein Anbieter in Konkurs ginge, muss niemand frieren. Die Kunden würden erst mit Ausgleichsenergie weiterversorgt und danach von ihrem Netzbetreiber aufgefordert, sich einen neuen Anbieter zu suchen. Findet sich keiner, hat der Landesversorger die Pflicht, den Kunden zurückzunehmen. Einfach das Gas abdrehen darf er auch den untreuesten Kunden nicht.

Das Beispiel zeigt wieder einmal: Wettbewerb ist in der heimischen Energiebranche noch relatives Neuland. Da muss man einfach geduldig sein. Denn eines ist ziemlich klar: Bevor hierzulande ein einziger Gaskunde aufgrund seines Liefervertrages in seiner Wohnung erfriert, lernen ehemalige Monopolisten, dass Panikmache mittlerweile kein geeignetes Geschäftsmodell ist.

E-Mails an:matthias.auer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2013)

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