Kulterer-Prozess: Für Österreich geht es um Milliarden

Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer steht am 18. November erneut vor Gericht.
Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer steht am 18. November erneut vor Gericht.(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Bei einer Verurteilung des früheren Hypo-Chefs Wolfgang Kulterer kann die BayernLB gegen Österreich vorgehen.

Wien. Am 18. November beginnt in Klagenfurt der nächste Prozess gegen den früheren Hypo-Chef Wolfgang Kulterer. Das Verfahren ist für Österreich von großer Bedeutung. Wird Kulterer verurteilt, sind die Bilanzen der Hypo aus den Jahren 2006 und 2007 unrichtig. Dann könnte die BayernLB Schadenersatzansprüche gegen die früheren Hypo-Eigentümer, wie das Bundesland Kärnten, in Milliardenhöhe einbringen. Die Bayern behaupten, dass sie bei der Übernahme der Hypo im Jahr 2007 getäuscht wurden.

Zu seiner Verteidigung hat Kulterer den früheren Justizminister Dieter Böhmdorfer (FPÖ) engagiert. Dieser hat Professor Leo Chini von der Wirtschaftsuniversität Wien mit einem Gutachten beauftragt. Chini hat einst im Auftrag des Finanzministeriums am österreichischen Bankwesengesetz mitgearbeitet. Faktum ist, dass die Hypo schon früher mehr Eigenkapital brauchte. Sie gab daher 2004 und 2006 Vorzugsaktien einer Tochtergesellschaft im Volumen von 200 Millionen aus. Die Käufer der Aktien erhielten dafür jährlich Zinsen von sechs Prozent. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hätten die Käufer aber nur zwei Prozent bekommen sollen, weil es sich bei der Geldzufuhr nicht um Eigenkapital, sondern nur um Liquidität gehandelt habe. Somit sei der Bank ein Schaden entstanden.

Grund dafür sind die sogenannten Nebenabsprachen. Käufer der Vorzugsaktien waren 2006 prominente Industrielle und Wirtschaftsbosse. Die Bank sagte ihnen zu, dass die Aktien zu bestimmten Konditionen wieder zurückgenommen werden. Laut Staatsanwaltschaft dürfen solche Wertpapiere aufgrund der Geld-zurück-Garantien aber nicht als Eigenmittel angerechnet werden.  Denn der Sinn von Eigenmitteln sei es, dass sie der Bank jederzeit frei und unbegrenzt zur Risiko- und Verlustabdeckung zur Verfügung stehen.

Verteidiger: Hypo hat profitiert

Die Verteidiger von Kulterer kontern, dass diese Nebenabsprachen bei der Eigenmittelberechnung völlig unerheblich seien. Denn im Bankwesengesetz sei geregelt, dass solche Vorzugsaktien nur dann nicht als Eigenmittel angerechnet werden dürfen, wenn die Hypo-Gruppe diese Aktien selbst besitzt. Bei der Hypo seien die Aktien aber ganz klar im Fremdbesitz gewesen. Daher seien die Bilanzen auch gültig. Erst wenn ein Investor seine Aktien zurückgegeben hätte, wäre die Eigenmittelquote gesunken – was in den Jahren 2006 und 2007 aber nicht passiert sei.

Mit der Ausgabe der Aktien sei der Bank kein Schaden entstanden, argumentieren die Verteidiger von Kulterer weiter. Mit den 200 Millionen Euro konnte die Bank Kredite im Ausmaß von über vier Milliarden Euro vergeben. Aus diesen vier Milliarden Euro konnte die Hypo einen Zinsertrag von 75 Millionen Euro erzielen. Abzüglich aller Kosten sei unter dem Strich einen Gewinn von 53 Millionen Euro übrig geblieben. Daher könne von einem Schaden keine Rede sein.

Solche Geld-zurück-Garantien wie bei der Hypo sind auch in anderen Fällen üblich. Der Staat beispielsweise hat im Zuge der Finanzkrise Wertpapiere – sogenannte Partizipationsscheine – der Erste Bank, der Bawag und der Raiffeisen Bank International (RBI) gekauft. Die Banken, die dadurch Eigenkapitalhilfen in Milliardenhöhe erhielten, sagten dem Staat vertraglich zu, dass sie das Geld wieder zurückzahlen würden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2013)

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