Manipulationen: Finanzdesaster in Gratkorn

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Gemeindegelder sollen in großem Stil zum FC Gratkorn umgeleitet worden sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Gratkorn. Die Marktgemeinde Gratkorn bei Graz kämpft mit einem riesigen Finanzloch: 38 Mio. Euro an offenen Krediten, zehn Mio. Euro Leasingverpflichtungen, dazu kommen weitere 4,5 Mio. Euro aus der laufenden Gebarung.

Die Schulden sollen nun durch ein hartes Sparpaket abgebaut werden. Indes befasst sich auch schon die Staatsanwaltschaft mit dem Finanzdesaster, bei dem Geldflüsse an den FC Gratkorn eine Schlüsselrolle gespielt haben sollen. Unter anderem soll, wie die „Kleine Zeitung“ berichtet, beim Bau einer Lärmschutzmauer ein Gutteil der Gelder in den Kunstrasen des Stadions geflossen sein. Ausgezahlt wurde mittels Bankcode des verstorbenen Altbürgermeisters.

Rechtswidrige Abschlüsse

Nicht im Prüfbericht enthalten sind laut dem grünen Fraktionsführer, Martin Holzer, Zahlungen an eine Reinigungsfirma, die Sponsor des Fußballvereins war und 13-mal mehr verrechnet habe, als im Vertrag mit der Gemeinde vereinbart war. Darüber hinaus seien in einem Zeitraum von 15 Jahren sämtliche Aufträge an zwei Baufirmen vergeben worden. „Wenn der Verein Geld brauchte, haben sie halt etwas gebaut oder asphaltiert“, schilderte Gemeinderat Holzer. Der FC Gratkorn spielte von 2004 bis 2011 in der Ersten Liga, schlitterte dann in die Insolvenz und ist seit einem im Herbst angenommenen Sanierungsplan als reiner Amateurklub aktiv.

Eine der Hauptaussagen des Prüfberichts lautet, dass die Gemeinde seit 2010 ohne den – erst im Sommer 2012 bekannt gewordenen – Kassenkredit von rund drei Mio. Euro nicht mehr hätte budgetieren können. Dieser Kredit, der als Subkonto bei einer Bank geführt und als Barvorlage einnahmenseitig verbucht wurde, geht bis in das Jahr 2006 zurück. Das Fazit der Prüfer: Die Rechnungsabschlüsse seit 2005 seien rechtswidrig.

Aufgeflogen waren die Unregelmäßigkeiten durch eine Erkrankung des damaligen Kassenleiters. Er gestand Manipulationen und wurde schon vor rund einem Jahr entlassen. Gegen ihn laufen Ermittlungen.

Land muss einspringen

Die Vorwürfe richten sich aber nicht nur gegen ihn, betroffen ist faktisch die gesamte Administration der Marktgemeinde. In der Kritik der Gemeindeaufsicht gehe es um die Finanz- und Vermögenslage, die Buchhaltung und Kassenführung, diverse Einnahmenbereiche sowie die administrative Führung, heißt es in einer Mitteilung von Bürgermeister Ernest Kupfer (SPÖ). Der Gemeinderat habe deshalb nun auch die Trennung von der Amtsleiterin beschlossen.

Um über die Runden zu kommen, wurden Kredittilgungen von 2,8 Mio. Euro im Jahr ausgesetzt. Sie werden im Dezember wieder schlagend, die Gemeinde braucht dafür Hilfe vom Land. Kürzlich wurde ein Sanierungspaket vorgelegt, das den Verkauf der Gemeindewohnungen, des Alten- und Pflegeheims sowie kräftige Gebührenerhöhungen beinhaltet. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2013)

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