Nach 14 Jahren im Vorstand des Familienunternehmens zieht sich Martin Essl in den Aufsichtsrat zurück. Auf Wunsch der Gläubigerbanken, heißt es.
Klosterneuburg. Für Baumax geht es derzeit Schlag auf Schlag. Vor zwei Wochen wurde bekannt, dass Finanzvorstand Marcus Pechlaner die defizitäre Baumarktkette nach nur einem Monat wieder verlassen hat. Am Donnerstag meldete der Konzern nun, dass Martin Essl, Sohn von Baumax-Gründer Karlheinz Essl und seit 1999 Vorstandsvorsitzender des Familienunternehmens, die Unternehmensführung abgibt und sich in den Aufsichtsrat zurückzieht.
Seinen Posten wird ab April 2014 Michael Hürter übernehmen, der vor 18 Monaten als Restrukturierungsexperte an Bord geholt wurde und bisher als stellvertretender Vorstandsvorsitzender die operative Verantwortung für alle Länder innehatte.
Die Familie Essl habe sich entschlossen, künftig eine klare Trennung zwischen den Agenden des Vorstandes und der Eigentümer vorzunehmen, heißt es in einer Aussendung. Es ist davon auszugehen, dass diese Entscheidung nicht ganz freiwillig gefällt wurde. Wie „Die Presse“ aus Bankenkreisen erfuhr, war der Rückzug von Martin Essl eine Bedingung für die Absegnung des Ende 2012 vereinbarten und seither bereits mehrfach adaptierten Restrukturierungsplanes. Im Gegenzug hatten die Banken die Kreditzinsen für drei Jahre gestundet und 80 Mio. Euro zugeschossen.
„Mehr Zeit“ für Restrukturierung
Am Donnerstag fand ein Meeting mit den Gläubigerbanken Bank Austria, Erste Bank und Raiffeisen statt, bei dem „den Restrukturierungsbemühungen des Unternehmens das Vertrauen ausgesprochen wurde“, heißt es bei Baumax. Man benötige keine zusätzlichen Finanzmittel, bekomme aber „mehr Zeit für die Restrukturierung“.
Der Restrukturierungsplan sah bisher vor, dass die Gruppe bereits heuer ein Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von 27,6 Mio. Euro erreichen müsse. 2014 sollten es 69,2 und 2015 sogar 84,4 Mio. Euro sein. Dazu hätte es eines Umsatzwachstums von sieben Prozent bis 2015 bedurft. Diese Frist sei nun verlängert, wie lange und ob die Etappenziele für 2013 und 2014 auch angepasst würden, dazu wollte man bei Baumax nicht Stellung nehmen. Dass das angepeilte Ergebnis für dieses Jahr erreicht wird, kann angesichts des wetterbedingt schwachen ersten Halbjahres – langer Winter, Hochwasser, heißer Sommer – als unwahrscheinlich gelten.
Auch für Ex-Finanzchef Pechlaner wurde am Donnerstag ein Nachfolger präsentiert. Ab Jänner wird Michael Seidl das Ruder übernehmen. Seidl war fünf Jahre lang Finanzchef bei der deutschen Heimwerkerkette Max Bahr, die kürzlich an den Konkurrenten Praktiker verkauft wurde. In den letzten Jahren war der gebürtige Hamburger bei Lloyd Fonds und bei der Hannover Leasing tätig. Pechlaner, der bis dato seinen Rücktritt nicht öffentlich kommentiert hat, ist laut Baumax aus „privaten Gründen“ aus dem Unternehmen ausgeschieden.
Horrorjahr 2012, Verlust verdoppelt
Das Jahr 2012 war für den scheidenden Baumax-Chef, Martin Essl, ein „annus horribilis“, ein Horrorjahr. Der Verlust hatte sich von 47,2 auf 126 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Auch der Gruppenumsatz lag mit 1,20 Mrd. Euro um rund vier Prozent unter dem des Jahres 2011.
Das Problem von Baumax liegt nicht in Österreich. Hier hat man vor Steuern und Abschreibungen einen Gewinn von 28 Mio. Euro erwirtschaftet. Kopfzerbrechen bereiten nach wie vor die 94 Standorte in Ost- und Südosteuropa. Baumax ist dort in sieben Ländern vertreten, viele der Tochtergesellschaften schreiben Verluste und weisen ein negatives Eigenkapital auf, etwa die Baumax Romania. Die Baumax-Gruppe hat 569 Mio. Euro Bankschulden angehäuft.
Baumax ist nach wie vor in Familienbesitz. Jedoch wurden als Sicherheiten die Marke Baumax sowie das gesamte Immobilienvermögen im In- und Ausland an die Banken verpfändet. Die Familie Essl hält das Unternehmen über zwei Stiftungen und über die Baumax-Anteilsverwaltung. (es/ag.)
FÜHRUNGSWECHSEL
Baumax. Seit seiner Gründung war Baumax ein familiengeführtes Unternehmen. 1976 von Karlheinz Essl senior gegründet, übernahm sein Sohn, Martin, 1999 das Ruder als Vorstandsvorsitzender.
Die nunmehrige Entscheidung der Familie Essl, aus dem operativen Geschäft auszusteigen, dürfte auf Druck der Banken gefällt worden sein.
Den Vorstand übernimmt ab April 2014 Michael Hürter. Neuer Finanzchef wird ab Jänner Michael Seidl.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2013)