Birgit Wagner verweist beim Schillerplatz-Kaufpreis auf ihren erkrankten Ex-Chef. Das Architektenhonorar bezahlte überraschenderweise Seeste Bau.
Der erste Zeuge im Schillerplatz-Prozess brachte heute überraschendes zu Tage: Das 402.000 Euro hohe Honorar für Planungsarbeiten für den Umbau der Immobilie zu Luxuswohnungen hat erst der zweite Käufer, die Seeste Bau, Ende Jänner 2007 beglichen. Der nun angeklagte Ex-ÖBB-Chef Martin Huber hatte also die Architektenkosten an den neuen Käufer weitergereicht.
Architekt Albert Wimmer stellte seine Rechnung am 27. April 2007 an die SP4 der beiden Hubers. Diese bezahlte auch - aber erst im Jänner 2008, nachdem die ganze Gesellschaft im Zuge des Schillerplatz-Verkaufs von der Seeste Bau übernommen worden war. Gezahlt hat das Honorar also die Seeste Bau, wie sich heute bei der Befragung herausstellte.
Baugenehmigung erhöhte Wert der Immobilie
Die Seeste Bau hatte den Immobilienkauf Schillerplatz so abgewickelt, dass sie die SP4 als Ganzes übernommen hat, mit sieben Mio. Euro Verbindlichkeiten. Zusätzlich erhielten die Verkäufer, also das Ehepaar Huber, noch 3,9 Mio. Euro. Ursprünglich hatte die SP4 das Objekt elf Monate vorher um 5,4 Mio. Euro von der Telekom gekauft - zur Gänze über einen RLB OÖ-Kredit fremdfinanziert.
Der Architekt im Zeugenstand bestätigte heute, dass die Baugenehmigung vom November 2006 wertsteigernd für die Immobilie war. Allerdings bekomme man immer eine Baubewilligung, meinte er - man müsse eben nur die Pläne so ändern dass die den Vorgaben der Behörde entsprechen.
Wagner wies Vorwurf zurück
Zuvor war die ÖBB-Personenverkehrsvorständin Birgit Wagner, früher für Immobilien in der Telekom Austria zuständig, zum Auftakt der zweiten Woche im Telekom-Prozess um den Verkauf der Schillerplatz-Immobilie (Telekom V) einvernommen worden. Auch Wagner erklärte das Fehlen eines Gutachtens damit, dass der Kaufpreis vom - mittlerweile erkrankten - Ex-Telekom-Prokuristen genannt worden sei.
Wagner ist nicht wegen Untreue, sondern wegen Beweismittelfälschung und Begünstigung angeklagt. Sie soll ein rückdatiertes Gutachten beim mitangeklagten Architekten Peter K. beauftragt haben, um die Telekom-Manager zu schützen, was sie in ihrer Einvernahme zurückwies. Wagner betonte heute, sie habe niemals ein rückdatiertes Gutachten in Auftrag gegeben. Sie wies den Anklagevorwurf entschieden zurück. Dass offenbar ein Schillerplatz-Gutachten des mit der Telekom in einem Rahmenvertrag verbundenen Architekten existierte, habe sie erst bei Vorbereitung der Telekom-Hauptversammlung im Frühjahr 2008 im Akt gesehen. Daraufhin habe sie es vom Architekten angefordert.
Kein Grund für Schutz der Ex-Telekom-Bosse
Sie habe damit nicht Sundt und Colombo schützen wollen, wies Wagner den Anklagevorwurf "Begünstigung" zurück. Sie hätte auch keinen Anlass gesehen, Sundt und Colombo irgendwie zu schützen - beide seien 2008 nicht mehr im Unternehmen gewesen.
In Gutachten wurde der Wert der Nobelimmobilie Schillerplatz zum Mai 2005 mit 5,25 Mio. Euro angegeben. Damit liegt es leicht unter dem im Mai 2005 erstmals von Sundt fixierten Mindestverkaufspreis von 5,4 Mio. Euro. Dieses Gutachten wurde aber laut dem Architekten erst am 9. und 10. August 2006 erstellt und zwar ohne Auftrag der Telekom und ohne dass er je ein Honorar dafür bekommen habe. Offenbar verfasste K. es kurz nach einer Besprechung mit Wagner am 9. August.
Wieso die Schillerplatz-Immobilie dann beim Weiterverkauf von der SP4 an die Seeste Bau AG innerhalb von elf Monaten eine Wertsteigerung um knapp das Doppelte erzielte, konnte Wagner heute ebenfalls nicht erklären.
Befangenheitsanträge gegen Gutachter
Im weiteren Prozessverlauf hat das Schöffengericht den Antrag der Verteidiger gegen den Sachverständigen Roland Popp abgewiesen. Die Verteidiger hatten ihm Befangenheit vorgeworfen, weil er in einem Fachmagazin publizierte in dem auch die Telekom Austria inserierte. Er habe extern Artikel geschrieben und mit Inseraten nie etwas zu tun gehabt, versicherte Popp.
Auch die Tätigkeit Popps im Ermittlungsverfahren sei unbedenklich, entschied der Schöffensenat. Popp wurde in Folge zum Gerichtssachverständigen bestellt. Der Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Claudia Moravec-Loidolt lehnte auch das Vorbringen der Verteidiger ab, ihre eigenen Privatgutachter als Gerichtssachverständige zuzulassen. Dies sei nicht möglich, da Privatgutachter befangen seien, erläuterte die Richterin.
Der Gutachter spielt im Verfahren eine Schlüsselrolle. Laut Popps Expertise lag der Verkaufspreis für die Schillerplatz-Immobilie etwa bei der Hälfte des damaligen tatsächlichen Verkehrswerts. Damit belastet sein Gutachten die Angeklagten, denen vorgeworfen wird, die Immobilien-Anteile am Schillerplatz 4 unter Wert verkauft bzw. gekauft zu haben und damit Untreue gegenüber der Telekom begangen zu haben. Der dadurch erlittene Schaden der Telekom beträgt laut Anklage 4,4 Mio. Euro.
(APA)