Staatsschulden stark gestiegen

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Nationalbank(c) Michaela Bruckberger
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Im dritten Quartal schoss die Staatsschuldenquote auf 77,1 Prozent des BIPs hoch. In der Eurozone insgesamt sinkt der Schuldenstand dagegen erstmals seit 2007.

Wien/Brüssel. Am Dienstag verteilte der Gouverneur der Nationalbank eine Pressunterlage, in der die OeNB die Staatsschuldenquote (Anteil der Staatsschulden am BIP) für 2013 mit 74,2Prozent beziffert (und für heuer eine Stagnation prophezeit). Einen Tag später bezifferte das EU-Statistikamt Eurostat (das die Daten der Statistik Austria verwendet) die österreichische Staatsschuldenquote im dritten Quartal 2013 mit 77,1Prozent. Was gegenüber den 75,2Prozent des Vorquartals einer ziemlich scharfen Steigerung entspräche.

Die Differenz zwischen den Angaben der OeNB und denen der Eurostat macht fast neun Mrd. Euro aus. Also ein bisschen mehr, als man mit statistischer Differenz erklären könnte. Wie kommt so etwas zustande? Nun: Die 77,1Prozent beruhen auf Sondereffekten im dritten Quartal, im Gesamtjahr wird die Schuldenquote also niedriger liegen. Aber jedenfalls höher, als die Nationalbank noch immer behauptet.

Richtig spannend wird es aber heuer: Da geht die Nationalbank von einer De-facto-Stagnation bei 74,3Prozent aus, obwohl schon sicher ist, dass ab September die ÖBB-Verbindlichkeiten zur Gänze eingerechnet werden müssen und auch für die Pleitebanken noch die eine oder andere Milliarde fließen wird. Weshalb die Chefs der Statistik Austria und des Fiskalrats in der Zwischenzeit Prognosen zwischen 77 und 80Prozent abgegeben haben.

Notenbank-Chef Ewald Nowotny hat auf Nachfrage der „Presse“ eine eigenartige Erklärung dafür: Man wisse zwar, dass ausgelagerte Schulden heuer eingerechnet werden müssen. Weil aber nicht klar sei, wie viel das exakt sein werde, habe die OeNB dieses Faktum in der Prognose ausgeblendet.

Schönwetterprognosen, die unangenehme Fakten ausblenden, braucht freilich kein Mensch. Die stellen höchstens die Frage nach der Existenzberechtigung der Volkswirtschaftlichen Abteilung der Notenbank. Wenden wir uns also dem ernsthaften Zahlenwerk zu: Der Anstieg der Schuldenquote von 75,2 auf 77,1Prozent ist schon seit ein paar Wochen bekannt. Was bisher nicht bekannt war: In der Eurozone ist die Staatsverschuldung im dritten Quartal erstmals seit 2007 nicht mehr gestiegen, sondern von 93,3 auf 92,6 gesunken.

Die Euroländer beginnen also langsam, ihre schwere Schuldenkrise in den Griff zu bekommen. Österreich dagegen läuft in die Gegenrichtung – und wird das auch heuer tun. Sollte die Schuldenquote heuer tatsächlich in die Region von 80Prozent steigen, dann bewegen wir uns schon dramatisch auf den Eurozonen-Schnitt zu. Trotz der sehr hohen heimischen Steuerquote und weiterer Steuererhöhungen in diesem Jahr. Das Maastricht-Ziel von 60Prozent rückt also in immer weitere Ferne.

Schuldenkaiser in der Eurozone ist übrigens weiter Griechenland mit 171,8Prozent vor Italien mit 132,9 Prozent und Portugal mit 128,7 Prozent. Sehr gut liegen unter anderem Finnland (54,8Prozent) und Schweden mit 40,7Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2014)

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