Hypo: Druck auf Nationalbank?

Österreichische Nationalbank.
Österreichische Nationalbank.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Bankenprüfer hegten 2008 in internen Mails erhebliche Zweifel am Zustand der Hypo Alpe Adria. Trotzdem bekam die Bank von der OeNB mit „not distressed“ ein positives Zeugnis.

Wien. Mehrere Regierungsmitglieder haben am Dienstag einen Untersuchungsausschuss in Sachen Hypo Alpe Adria abgelehnt. Zu untersuchen gäbe es allerdings einiges. Zum Beispiel: Wie kam es zustande, dass die Bank im Jahr 2008 900 Millionen Euro Partizipationskapital vom Staat erhielt. Interne Mails aus der Nationalbank, die der „Presse“ vorliegen, zeigen nämlich, dass der zuständige Mitarbeiter in der dortigen Bankenaufsicht der Meinung war, die Hypo sei keineswegs als gesund einzustufen – was zur Folge gehabt hätte, dass es auch kein staatliches Eigenkapital hätte geben dürfen. Und damit hätte sich Österreich den teuren mehrjährigen Umweg bis zur Abwicklung der Bank ersparen können.

Doch der Reihe nach. Zur Zeit der Finanzkrise 2008 beschloss Österreich, dem Bankensektor mit Partizipationskapital unter die Arme zu greifen. Die Vorgabe aus Brüssel war, die Banken müssten gesund („sound“) sein. Für Institute, die als „distressed“ eingeschätzt wurden, waren schon damals eine andere Vorgangsweise vorgesehen. Die Bewertung übernahm die Nationalbank. Der dort zuständige Mitarbeiter gab in einem internen Mail an einen Mitarbeiter der Statistik-Abteilung eine klare Einschätzung ab. „Sollten unbedingt kritisch bleiben“, heißt es dort. „Nach einer marktüblichen Financial Analysis ist zumindest eine Hypo AA und eine Bawag niemals als financial sound zu bezeichnen.“ Vor einem positiven Gutachten warnt er ausdrücklich: „Müssen bedenken, dass auf die Unterstützungspakete in ein paar Jahren Untersuchungsausschüsse und Gerichtsverfahren folgen könnten.“

Neue Kategorie erfunden

Das Mail datiert mit 14. Dezember 2008. Wenige Tage später gab die Nationalbank ihre Stellungnahme ab, die der Hypo den Weg zum Partizipationskapital öffnete. Und darin wurde der Bank eine positive Zukunft attestiert: Nach Verlusten in den Jahren 2007 und 2008 sei im kommenden Jahr ein Gewinn von 225 Millionen Euro zu erwarten. Die Bewertung „sound“ gab es zwar nicht, die Nationalbank erfand aber eine neue Kategorie: „Not distressed“.

Was ist da innerhalb kürzester Zeit passiert? Der grüne Abgeordnete Werner Kogler, der die Mails offen legte, vermutet Druck aus dem Finanzministerium: Der damalige Minister Josef Pröll habe die Hypo unbedingt retten wollen und den gerade erst neu installierte Nationalbankpräsidenten Ewald Nowotny zu einer positiven Stellungnahme genötigt.

Eine Darstellung, die die Nationalbank zurückweist. Dort heißt es, es habe bei der Hypo Alpe Adria zu diesem Zeitpunkt durchaus Bedenken wegen der Eigenkapitalsituation gegeben, der Zustand sei „nicht sound, aber auch nicht distressed“ gewesen. Allerdings habe es die Zusage des damaligen Mehrheitseigentümers BayernLB gegeben, 700 Mio. Euro Eigenkapital in die Bank einzuschießen. Diese Zusage sei der Grund gewesen, wieso die Notenbank die Hypo Alpe Adria 2008 als „not distressed“ klassifiziert habe.

Mag sein. Die Frage ist allerdings: Hätten diese 700 Millionen Euro überhaupt mit einberechnet werden dürfen? Denn der Zuschuss aus Bayern war im Zuge der österreichischen Rettungsaktion mit dem damaligen Mehrheitseigentümer ausverhandelt worden – und an die Vergabe des Partizipationskapitals gebunden. Und es stellte sich die Frage, ob es sich dabei nicht auch um eine staatliche Beihilfe (BayernLB-Eigentümer ist der Freistaat Bayern) handelte. Dass die Bewertung ein Grenzfall war, war damals auch der Nationalbank klar. In einem mit 15. Mai 2009 datierten Brief an das Finanzministerium heißt es, wenn die 700 Millionen Euro nicht zu berücksichtigen gewesen wären, „hätte die Beurteilung der HGAA zum damaligen Zeitpunkt auf distressed gelautet.“

Bleibt immer noch eine Frage offen: Warum wurde ein derart positives Zukunftsszenario für die Hypo gezeichnet? Denn die Nationalbank wusste durchaus, wie „werthaltig“ die Kredite der Kärntner Bank am Balkan waren. Im Banken-Untersuchungsausschuss 2006/07 sind etliche Berichte der Nationalbank bekannt geworden, in denen damals schon ein realistisches Bild über den Zustand der Bank und über die unverantwortlichen Risken gezeichnet wurde, die die Hypo eingegangen war.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2014)

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