Schiffsfonds: Trostpflaster für Anleger

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Mit der Erste Bank ist erstmals eine österreichische Bank bereit, Käufer von Schiffsfonds zu entschädigen. Kunden bekommen bis zu 30 Prozent des Schadens ersetzt.

Wien. Viele Anleger sind verzweifelt, weil sie Anteile an Schiffs- und Immobilienfonds erworben haben. Einige dieser Fonds sind in wirtschaftliche Probleme geraten. In Österreich sollen schätzungsweise 20.000 Investoren bis zu 700 Millionen Euro in Container- und Kühlschiffe gesteckt haben. Vor der Finanz- und Wirtschaftskrise liefen die Geschäfte blendend. Prognostiziert wurden Renditen von sieben bis 20 Prozent. Mit dem Geld der Anleger kauften die Fondsgesellschaften ein oder mehrere Schiffe, diese wurden vermietet oder verchartert. Die Anleger erlangten den Status von Kommanditisten.

Vor der Krise wurden immer größere Schiffe gebaut. Manche Frachter waren über 400 Meter lang und 20 Stockwerke hoch. Das Besondere an Schiffsbeteiligungen ist, dass es sich um meist geschlossene Fonds handelt.

Die Laufzeit liegt zwischen zehn und 25 Jahren. Im Gegensatz zu herkömmlichen Investmentfonds können Käufer nicht so einfach aussteigen. Will sich jemand vor Ablauf der Bindefrist trennen, muss er Verluste in Kauf nehmen.

Vorwürfe gegen Banken

Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise geriet die Schifffahrtbranche unter Wasser. Einigen Fonds droht die Insolvenz. Manche Gesellschaften verlangen von den Anlegern, Ausschüttungen zurückzuzahlen oder Kapital nachzuschießen.

Beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) haben sich rund 1200 geschädigte Investoren gemeldet. VKI-Chefjurist Peter Kolba wirft Banken und Vermögensberatern vor, ihre Kunden systematisch falsch beraten zu haben beziehungsweise nicht über die Risken solcher Produkte aufgeklärt zu haben. „Die Leute haben nicht gewusst, dass sie eine Unternehmensbeteiligung eingehen. Sie konnten das Risiko nicht abschätzen“, meint Kolba im Gespräch mit der „Presse“.

Die meisten Emissionshäuser sitzen in Deutschland. Sie gründen aber Vertriebsbüros in Österreich und verkauften ihre Produkte über diverse Banken, die dafür hohe Provisionen bekamen.

Nun hat sich die Erste Bank als erste österreichische Bank bereiterklärt, den betroffenen Kunden bis zu 30 Prozent der durch diese Investments erlittenen Schäden zu ersetzen. VKI-Chefjurist Kolba empfiehlt, diese Angebote anzunehmen. Wie viel die Bank das kosten wird, gab der VKI nicht bekannt. Für Kolba ist der Vergleich ein Anfang. Viele Schiffs- und Immobilienfonds wurden von Raiffeisen vertrieben – vor allem von der Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien und den niederösterreichischen Raiffeisenkassen.

Verhandlungen oder Klagen

Betroffen sind auch die Bank für Kärnten und Steiermark (BKS) sowie die Landes-Hypos und die Volksbanken. Der VKI führt laut Kolba auch mit diesen Instituten Gespräche. Falls diese nichts bringen, werden Sammelklagen geprüft. In diesem Fall will der VKI aber mit einem Prozessfinanzierer zusammenarbeiten. „Wir sind an einer ordentlichen und fairen Lösung interessiert“, heißt es bei der Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien.

Rechtsanwalt Wolfgang Leitner hält dagegen das Angebot der Erste Bank „für völlig unzureichend“. Die Anleger seien Opfer eines „Ausschüttungsschwindels geworden, weil sie geglaubt haben, dass die angekündigten Erträge tatsächlich solche sind“. Indes seien es nur Entnahmen der ursprünglichen Einlage gewesen.

Leitner vertritt etliche geschädigte Anleger und hat schon in einigen Verfahren Vergleiche erreicht. Dabei soll es Angebote mit bis zu 75 Prozent Schadenersatz gegeben haben. Welche Banken bis zu 75 Prozent bezahlt haben, will der Anwalt aber nicht sagen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2014)

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