Mit der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge, die von Ex-Finanzminister Grasser eingeführt wurde, hoffen viele Österreicher auf eine lukrative Privatrente. Die Realität sieht anders aus.
Wien. In Österreich stößt das staatliche Pensionssystem an seine Grenzen. Daher führte Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser vor mehr als zehn Jahren die „prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge“ ein. Das Produkt sollte biedere Sparbuchsparer zu Aktionären machen. Laut Gesetz muss ein bestimmter Prozentsatz des eingezahlten Kapitals vorwiegend an der Wiener Börse investiert werden. Damit möglichst viele mitmachen, gibt es eine staatliche Prämie. Das Ganze war ein Prestigeprojekt der schwarz-blauen Regierung von Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP). Die von Schüssel gesetzten Maßnahmen zur Sicherung des Pensionssystems wurden damals als „sozialpolitischer Meilenstein“ gepriesen.
Solange es mit den Börsen bergauf ging, war die „prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge“ ein Renner. Doch 2008 kam die Finanzkrise. Und die Gewinne brachen weg. Über 1,6 Millionen Österreicher haben einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen. Ein Hauptproblem waren die langen Mindestlaufzeiten. Doch der Verein für Konsumenteninformation (VKI) setzte beim Obersten Gerichtshof durch, dass Kunden schon nach zehn Jahren aussteigen dürfen. Daher müsste es jetzt eigentlich eine größere Kündigungswelle geben.
Doch das Gegenteil ist der Fall. „Die Presse“ fragte bei den großen Versicherungsgesellschaften nach. Bislang sind rund 95 Prozent der Kunden, die aussteigen könnten, in ihren laufenden Verträgen geblieben.
Für Konsumentenschützer ist das keine Überraschung. Denn ein vorzeitiger Ausstieg ist mit hohen Kosten verbunden. „Uns liegen Fälle vor, in denen Anbieter bei der Kündigung hohe Spesen verrechnen“, kritisiert Christian Prantner von der Arbeiterkammer. Zudem steht die staatliche Prämie laut Gesetz nur bei einer „widmungsgemäßen Verwendung“ des Geldes zu – wie bei einer monatlichen Rente. Wer vorzeitig kündigt, muss meist die Hälfte der staatlichen Prämie zurückzahlen. Auch sind allfällige Kapitalerträge mit 25 Prozent nachzuversteuern. „Man muss sich genau durchrechnen, ob sich ein vorzeitiger Ausstieg lohnt“, sagt Prantner.
Ein Sparbuch wäre besser gewesen
Verdient haben an dem Produkt vor allem die Versicherungen und Fondsgesellschaften, die Geld für die Verwaltung und das Marketing verlangen. Auch die vom Staat vorgeschriebene Kapitalgarantie gibt es nicht kostenlos. Daher werden nur rund 80 Prozent des eingezahlten Kapitals veranlagt. Die hohen Kosten wirken sich auf die Performance aus. „Ein Sparbuch wäre besser gewesen“, sagt Walter Hager, Finanzexperte vom Verein für Konsumenteninformation.
Ihm liegen Verträge vor, bei denen nur eine Rendite von 0,4 Prozent beziehungsweise 0,5 Prozent pro Jahr erzielt worden sei. Selbst bei guten Fonds habe es nur eine Rendite von 1,0 Prozent pro Jahr gegeben.
Nach Protesten wurden die Bedingungen für die Zukunftsvorsorge mehrmals geändert. Im Vorjahr wurde der vorgeschriebene Aktienanteil erneut reduziert. Doch die Kritik reißt nicht ab. „Das bleibt eine Dauerbaustelle“, so Prantner von der Arbeiterkammer. Und Thomas Url vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) meint, das Produkt sei von Anfang an „schlecht designed“ gewesen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2014)