Hypo sprengt die Staatsschulden

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Die Taskforce schlägt eine Sondergesellschaft vor, in die die knapp 18 Milliarden Euro schweren "faulen" Teile der Hypo Alpe Adria eingebracht werden. Das gefährdet das Defizitziel.

Wien. Abwicklung oder doch Insolvenz? Die endgültige Entscheidung über die Hypo Alpe Adria muss die Regierung bis Ende März fällen – und Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) schloss auch am Sonntag keine der Varianten definitiv aus. Eines ist aber fix: Die von der Regierung eingesetzte und nach dem Rücktritt von Klaus Liebscher von Notenbank-Chef Ewald Nowotny geleitete Taskforce schlägt eine Abwicklung der notverstaatlichten Hypo über eine neue Sondergesellschaft vor.

Fest steht auch, wie Nowotny am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ betonte, dass diese Bad Bank faule Kredite, Leasingfinanzierungen und Beteiligungen sowie allenfalls die Italien-Tochter im Wert von 17,8 Milliarden Euro umfassen soll. Auf der guten Seite verblieben die Osteuropa-Töchter, die bis Mitte 2015 verkauft werden müssen. Um genau diese 17,8 Milliarden würde sich die Staatsschuld erhöhen, wie die „Presse“ schon berichtete. Das würde den Schuldenstand von 74,4 auf gut 80Prozent der Wirtschaftsleistung erhöhen. Nowotny schloss in diesem Zusammenhang nicht aus, dass Österreich das von der EU festgelegte Defizitziel von drei Prozent verfehlt. „Das ist unangenehm, aber nicht überraschend“, meinte Nowotny. Die Ratingagenturen hätten dies schon berücksichtigt. Österreichs Rating sei nicht in Gefahr.

Keine normale Bank

Die von der Taskforce ins Auge gefasste Abbaugesellschaft soll keine Bankkonzession mehr haben – als normale Bank hätte die Hypo hohe Eigenkapitalvorschriften und brauchte daher ständig neue Staatszuschüsse, betonte der Notenbank-Chef. Die als GmbH oder Aktiengesellschaft geführte Gesellschaft hätte noch einen weiteren Vorteil gegenüber der bisher überlegten „Anstalt“: Sie hätte keine unbeschränkte Staatshaftung hinter sich, so Nowotny. Die Kärntner Landeshaftungen blieben jedoch aufrecht, was den Steuerzahler etwas entlaste.

Letztlich steht jedoch fest, dass auch bei dieser Variante der Steuerzahler kräftig bluten muss: Nowotny bezifferte die Höhe des Betrags, der noch heuer fließen muss, mit drei bis 3,6 Milliarden Euro. Die genaue Summe hänge von der Bewertung der Abschreibungen ab, die bei der Übertragung in die Bad Bank notwendig seien. Die maximal 3,6 Milliarden Euro würden auch dem von der EU-Kommission genehmigten noch offenen Staatskapitalrahmen entsprechen.

Die Zeit drängt – die Bad Bank muss bis 1. September stehen, andernfalls müsste der Staat für das erste Halbjahr noch Geld zuschießen. Dafür müssen laut Nowotny noch zwei Voraussetzungen erfüllt sein: „Es muss gelingen, die Bilanz 2013 für die Hypo zu erstellen.“ Ohne diese sei „alles Übrige sinnlos“. Dass die Hypo dafür noch einmal Hilfe vom Staat braucht, wollte Nowotny nicht ausschließen. Das liege in der Verantwortung der Wirtschaftsprüfer und des Eigentümers, in dem Fall des Finanzministers. Bisher hat der Staat – und damit der Steuerzahler – vier Milliarden Euro in die Hypo eingeschossen. Diese Summe sei unwiederbringlich weg, musste auch Nowotny eingestehen.

Generalvergleich mit den Bayern

Die zweite wichtige Voraussetzung ist eine Einigung mit der einstigen Hypo-Mehrheitseigentümerin BayernLB. Nowotny glaubt nicht, dass Österreich die rund 2,4 Mrd. Euro, die die Bayern in der Hypo liegen haben, sofort mit der Gründung der Abbaugesellschaft zurücküberweisen müsste. Während das Geld aus der österreichischen Rechtsposition heraus als Eigenkapitalersatz gilt, sprechen die Bayern von Krediten. Angesichts der Rechtsstreitigkeiten wäre ein Generalvergleich mit den Bayern gut.

Kärnten, das mit den exzessiven Haftungen das Problem Hypo erst geschaffen habe, sollte jedenfalls auch zur Abwicklung beitragen, fordert Nowotny. Etwa durch den eine halbe Million Euro schweren Zukunftsfonds. Auch die anderen Bundesländer sollten auf das an sie gehende Drittel der Bankenabgabe verzichten.

Das Land Kärnten habe Fehler auf „doppelte Weise“ begangen, kritisierte Nowotny: Durch die Landeshaftungen habe sich die Bank unzulässig verschuldet und eine absurde Expansion betrieben. Dann seien die Landeshaftungen beim Verkauf der Hypo an die BayernLB zudem beim Land Kärnten geblieben, so der Notenbank-Gouverneur. Der verstorbene Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider habe nach dem Verkauf gesagt, „Kärnten ist reich“ – obwohl die Schulden beim Land geblieben sind.

Eine Insolvenz der Hypo, die im Taskforce-Bericht gar nicht explizit erwähnt wird, hält Nowotny für die weitaus schlechtere Lösung: Kärntens Haftung würde sofort schlagend, was auch die anderen Bundesländer gefährden könnte. Österreichs Glaubwürdigkeit stünde auf dem Spiel. Der Steuerzahler müsse entlastet werden – aber nicht über den gefährlichen Weg der Insolvenz.

Polit-Einfluss zurückdrängen

Im Gegensatz zu Liebscher, der nach Differenzen mit der Politik vor Kurzem zurückgetreten ist, will Nowotny aber auch dann bleiben, wenn die Regierung seine Empfehlungen nicht umsetzt. „Ich bin eine Kämpfernatur“, sagt Nowotny. „Wenn ich für den Staat noch etwas tun kann, dann versuche ich es.“ Dafür, dass er schon 2009 auf eine Abwicklungsgesellschaft gedrängt habe, seither aber fünf Jahre nichts geschehen sei, hat Nowotny jedenfalls eine klare Erklärung: „Die damalige Finanzministerin Maria Fekter wollte das nicht.“

Eine Konsequenz aus dem Fall Hypo sollte die Politik aber auf jeden Fall ziehen: „Politische Einflussnahmen auf Banken sind extrem problematisch.“ Auch wenn es noch Landes-Hypos gebe, die gut geführt seien, entstünde im Krisenfall immer ein Problem. Die Frage, ob er damit eine Privatisierung der Hypos meine, wollte Nowotny aber nicht konkret beantworten. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2014)

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