Das "Rumpelstilzchen", der "Mist" und die Hypo

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Vier Stunden lang debattierte das Parlament leidenschaftlich die Hypo. Die Regierung versuchte, der FPÖ die Verantwortung für das Debakel umzuhängen, alle anderen Parteien schossen sich auf SPÖ und ÖVP ein.

Wien. Man könnte viel anfangen mit dem Geld, das die Hypo Alpe Adria kostet – etwa eine schnelle Sanierung des Parlaments. Wie dringend notwendig die ist, erlebte man just während der Sondersitzung des Nationalrats gestern, Dienstag, als auf der ÖVP-Seite im zweiten Stock ein verrostetes Abwasserrohr zu lecken begann. Man hat den Schaden notdürftig repariert, derzeit braucht man jeden Cent für die Hypo.

Auch wenn sich nicht sagen lässt, wie viel die Bank den Steuerzahler am Ende kosten wird – 8,8 oder doch 11,8 Milliarden Euro –, die politische Verantwortung war in der Debatte je nach Parteizugehörigkeit recht klar. Für SPÖ und ÖVP war es die FPÖ bzw. deren Kärntner Ableger, die Österreich mit der Ausweitung der Landeshaftungen für die Bank auf 24 Milliarden Euro das Chaos eingebrockt hat. Für die FPÖ sind es SPÖ und ÖVP, die die Hypo 2009 ohne Not verstaatlicht hätten. Auch für den Rest der Opposition – Grüne, Neos, Team Stronach – liegt die Schuld vor allem bei der Regierung, weshalb man geschlossen einen Untersuchungsausschuss forderte, der von der Mehrheit von SPÖ und ÖVP ebenso geschlossen abgelehnt wurde.

Dass die Nerven in Sachen Hypo etwas strapaziert sind, bewies das 15-minütige Eingangsstatement von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). Der vergaß auf alle freundlich lächelnde Höflichkeit und staatsmännische Contenance und fuhr den zwischenschreienden FPÖ-Abg. Herbert Kickl an: Die Taskforce, „die im Gegensatz zu Ihnen etwas davon versteht“, habe eine gute Lösung für die Bank erarbeitet. Eine Insolvenz der Hypo und damit Kärntens wäre keine Option gewesen. Man wolle das Desaster „nicht auf dem Rücken der Kärntner“ austragen, weil „die das nicht verursacht haben, sondern die FPÖ“.

Ähnlich Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP), der von der Hypo als „ökonomischem Wahnsinn, der eine blaue Handschrift trägt“, sprach. Die Fehler von gestern seien die Kosten von heute. Er habe mit der Anstalts-AG die für Österreich günstigste Lösung gewählt. Eine von ihm nie ausgeschlossene Insolvenz habe man geprüft, sie hätte aber unkalkulierbare Risken für die Republik, Kärnten und den Wirtschaftsstandort bedeutet. Das wäre „eine Operation am offenen Herzen ohne die notwendigen Instrumente“ gewesen. Als Finanzminister werde er noch heuer rechtliche Rahmenbedingungen schaffen, damit „so etwas nie wieder vorkommt“.

„Gute Nacht, Steuerzahler“

Heinz-Christian Strache sah nach den Statements eine „Lehrstunde für Geschichtsfälschung“. SPÖ und ÖVP seien „Mittäter“, es sei „schäbig, was sie hier betreiben“ (dafür beschied ihm SP-Klubchef Andreas Schieder später, sich wie „ein Rumpelstilzchen“ aufzuführen). Man müsse sich fragen, „welcher Teufel hat die Regierung geritten“, als sie die Bank von den Bayern zurückkaufte. Man könne jetzt nur sagen: „Gute Nacht, Steuerzahler.“ Den SPÖ-Chef bezeichnete Strache als „Genosse der Bosse“, weil Faymann die Spekulanten mit der Hypo-Lösung verschone.

Grünen-Chefin Eva Glawischnig sprach in dem Zusammenhang Ordnungsruf-frei sogar von einer „Sauerei“. Die Regierung verstehe „den Zorn und den Ärger der Bevölkerung“ offenbar nicht. Mit der jetzigen Lösung habe man „eine dramatische, historische Fehlentscheidung“ getroffen. Ihr Parteifreund Werner Kogler gestand Spindelegger später zu, sich „sehr bemüht“ zu haben, versicherte aber: „Um den U-Ausschuss kommen Sie nicht umhin, das können Sie sich in die Haare schmieren.“

An diesem Tag kam nicht einmal von Neos-Chef Matthias Strolz positive Energie: Die Regierung müsse Verantwortung übernehmen, wenn man „in großem Stil Mist baut“. Aber immerhin habe sie mit der Lösung „eindrucksvoll“ demonstriert, dass „gut gewollt nicht gut gemacht“ sei. Die Hypo-Anstalt sei falsch, komme zu spät und sei zu teuer. Eine geordnete Insolvenz wäre die beste Lösung gewesen, die Taskforce sei aber mutlos gewesen und in hohem Maß befangen. Team-Stronach-Klubchefin Kathrin Nachbaur gab der Regierung mit, dass der Staat in der Wirtschaft nichts verloren habe – eine Weisheit übrigens von Parteigründer Frank Stronach.

Was das Abwasserrohr betrifft: Zwei Toiletten bleiben vorerst gesperrt, heute wird man die Mauern aufstemmen. Die günstigste Installateur-Stunde in Wien kostet laut AK 67 Euro (ohne Weggeld).

AUF EINEN BLICK

In der Sondersitzung zur Hypo Alpe Adria betonten SPÖ und ÖVP am Dienstag die Verantwortung der FPÖ an dem Bankdesaster. Erst die hohen Haftungen Kärntens auf Initiative der damals freiheitlichen Regierung hätten es notwendig gemacht, dass die Republik einspringt. Die FPÖ sprach von einer „Lehrstunde für Geschichtsfälschung“. Die Regierung habe die Bank ohne Not 2009 verstaatlicht und sich damit das Problem erst eingebrockt. Die vier Oppositionsparteien beantragten einen Untersuchungsausschuss, die Koalition lehnte ihn ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2014)

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