Telekom: ÖIAG besiegelt Pakt mit Carlos Slim

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In letzter Sekunde winkt der ÖIAG-Aufsichtsrat den Syndikatsvertrag mit dem mexikanischen Milliardär Carlos Slim durch. Die Aktie reagiert mit einem Kursplus.

Wien. Keine Sekunde zu früh landete das Flugzeug mit dem Industriellen Peter Mitterbauer an Bord in Wien. Erst am späten Mittwoch Abend traf der ÖIAG-Aufsichtsratsvorsitzende bei der Sitzung des Kontrollgremiums der staatlichen Industrieholding ein, in der über die Zukunft der Telekom Austria abgestimmt werden sollte. Zuvor hatte der Boykott der fünf Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat und das Fernbleiben dreier Kapitalvertreter, einer davon Mitterbauer selbst, die geplante Allianz mit dem mexikanischen Telekom-Großaktionär Carlos Slim beinahe zum Platzen gebracht.

Die Belegschaftsvertreter kritisierten, dass sie den mehrere hundert Seiten starken Vertrag erst wenige Stunden vor Sitzungsbeginn erhalten hatten, die Personalvertreter von weiteren Entscheidungen künftig ausgeschlossen seien und keinerlei Jobgarantien gegeben wurden. Neben den Betriebsräten fehlten aber auch Ex-Siemens-Personalchefin Brigitte Ederer, die sich schon vor Wochen entschuldigte, der früheren Lenzing-Finanz-Vorstand Thomas Winkler und eben Gerhard Mitterbauer selbst lange Zeit. Und dem ÖIAG-Aufsichtsrat fehlte damit die notwendige Beschlussfähigkeit.

Nur sieben Aufsichtsräte anwesend

Erst auf heftiges Drängen wurde Mitterbauer spätabends aus dem Ausland nach Wien geholt. Damit waren sieben von 14 aktiven Aufsichtsratsmitgliedern anwesend. Der Rumpf-Aufsichtsrat der ÖIAG konnte die "Vernunftehe" mit den Mexikanern absegnen.

Wie berichtet, soll das Syndikat, das für zehn Jahre geplant ist, den Einfluss Österreichs bei der Telekom absichern. Die ÖIAG soll die Sperrminorität (25 Prozent plus eine Aktie) behalten. Die Partner verpflichten sich, bei strategischen Entscheidungen an einem Strang zu ziehen und Beschlüsse nicht zu blockieren. Gemeinsam halten der Staat über die ÖIAG (27,4 Prozent) und Carlos Slim über seinen Konzern America Movil (26,8 Prozent) nun über 55 Prozent der Anteile am Telekom-Konzern.

Übernahmeangebot: 7,15 Euro pro Aktie

Nach österreichischem Recht müssen sie den restlichen Aktionären ein Übernahmeangebot legen. Sie werden mit 7,15 Euro entschädigt - soviel bietet America Movil für die Aktien im Streubesitz. Die Mexikaner teilten zudem mit, eine Kapitalerhöhung von einer Milliarde Euro zu unterstützen.

Knapper hätte es die Entscheidung nicht ausfallen können. Hätte das Kontrollgremium sein Plazet für das Syndikat nicht bis Donnerstag um null Uhr gegeben hat, wäre das ausverhandelte Syndikat für ein Jahr auf Eis gelegen. So will es das Übernahmegesetz.

"Heute ist ein guter Tag – sowohl für die Telekom Austria als auch für den Wirtschaftsstandort Österreich", sagte ÖIAG-Chef Rudolf Kemler bei der Vertragsunterzeichnung. Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) warb schon beim Ministerrat für das Abkommen: Sowohl die Sperrminorität für die ÖIAG als auch der Standort Wien für das Hauptquartier der Telekom Austria stünden außer Streit.

Chefposten bleiben in österreichischer Hand

Aufsichtsrats- und Vorstandsvorsitz bleiben außerdem während der gesamten Vertragslaufzeit in österreichischer Hand: Die Funktionen werden künftig durch die ÖIAG nominiert, so die Staatsholding nach den Verhandlungen.

Doch Arbeiterkammerpräsident Werner Muhm, der einflussreichste Wirtschaftsberater von Kanzler Werner Faymann (SPÖ) war das alles zu wenig. "Ein Syndikatsvertrag zwischen der ÖIAG und dem Telekomkonzern von Carlos Slim würde für die Telekom Austria und damit für Österreich nur Nachteile bringen", ließ er am Nachmittag wissen. "Es gibt keine Partnerschaft auf Augenhöhe. Mit diesem Syndikatsvertrag würde die ÖIAG die industrielle Führerschaft verlieren", bekräftigen auch die Belegschaftsvertreter ihre Kritik. Über die Verwendung jener Milliarde Euro, die laut Vertrag über eine Kapitalerhöhung eingenommen werden soll, gebe es keinerlei Informationen. Es gebe keine Garantie, dass auch nur ein Teil des Geldes für den Ausbau der Telekominfrastruktur im Land ausgegeben werden müsse. Langfristig werde das dem Land schaden.

Aktie wieder im Plus

Geschadet hat die politische Posse vorerst der Telekom. Allein die Gerüchte über ein Scheitern des Syndikats ließen die Papiere des Konzerns um rund 4,5 Prozent nach unten rasseln. Binnen weniger Minuten waren 139 Millionen Euro an Marktwert verloren. Als Reaktion auf die Einigung in der Nacht stieg der Wert der Telekom-Aktie Donnerstag Früh allerdings wieder um 7,6 Prozent auf 7,154 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2014)

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