Außenstände: 450.000 Haushalte sind überschuldet

Die Zahl der Österreicher, die auf Pump leben, steigt rasant. Und die Schuldner werden immer jünger.

Wien. "Viele Menschen haben offenbar noch immer kein Gefühl für den Euro - viele lassen sich von den ziffernmäßig kleinen Beträgen zu hohen Ausgaben verleiten." Für Manfred Ratz, Chef des österreichischen Inkassoverbandes, ist die neue Währung aber nur eine der Ursachen dafür, dass immer mehr Haushalte in die Schuldenfalle tappen. 450.000 Haushalte sind laut Ratz überschuldet und können ihre Kredite und Rechnungen nicht mehr bedienen. Vor zwei Jahren gingen Experten-Schätzungen noch von 300.000 aus (die letzte offizielle Erhebung liegt zehn Jahre zurück).

Alarm schlagen auch die Schuldnerberatungen: Die Höhe der durchschnittlichen Verschuldung dürfte sich mit 65.800 Euro heuer gegenüber dem Vorjahr nicht wesentlich ändern - aber die Schuldner werden immer jünger.

Von den knapp 19.400 Personen, die bei den Schuldnerberatungsstellen 2003 Hilfe suchten, waren 13,2 Prozent unter 25 Jahre alt. 2002 waren es in dieser Altersgruppe noch 12,6 Prozent. Für heuer wagt Josef Haslinger, Statistiker im Dachverband der Schuldnerberatungen, noch keine Prognose. "Aber Sie können davon ausgehen, dass der Prozentsatz nicht zurückgeht." Insgesamt geht Haslinger von an die 20.000 Hilfesuchenden aus.

Bei den Jüngeren sind es vor allem die hohen Handy-Rechnungen, die für negative Überraschungen sorgen. Generell nennt Ratz den "lockeren Umgang mit Geld" als Ursache der Misere. Durch neue Zahlungsarten, wie etwa per SMS, werde das Geldausgeben immer leichter gemacht. Wenn dann jemand den Job verliert oder krank wird, dann "wird es eng". Aber auch hohe Versandhausrechnungen - die vor allem jetzt zu Weihnachten zu Buche schlagen -, Leasingverträge und seit neuestem auch aufwendige Freizeitaktivitäten verschärfen die Lage vieler Haushaltsbudgets.

"Fast 40 Prozent der Schuldner zahlen absichtlich nicht", räumt Ratz ein. Manche Menschen hätten auch viele Gläubiger und die Übersicht verloren. Die "Hitparade" führe ein Wiener Schuldner mit 101 Gläubigern an.

Keine Hoffnung haben die Experten, dass sich die Situation verbessert. Der Kreditschutzverband von 1870 (KSV) rechnet heuer mit 4700 Privatkonkursen, das wäre ein Plus von 30 Prozent. Bis September gab es 4116 Privatpleiten (plus 29,1 Prozent) mit Verbindlichkeiten von 479,8 Mill. Euro (plus 10,2 Prozent).

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