Österreichs größter Friseur hat einen Namen: Pfusch

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Fast jeder Zweite lässt sich von "Freunden" und Verwandten die Haare schneiden. Offiziell ist der Drogeriemarkt DM die größte Friseurkette.

Wien. 31 Millionen Mal setzten sich die Österreicher im Vorjahr unter die Schere. Doch nur 17,7 Millionen Mal saßen sie dabei in einem Friseursalon, der für diese Leistung 20 Prozent Mehrwertsteuer abliefert. Fast jeder Zweite lässt sich nämlich von „Freunden“ und Verwandten die Haare schneiden, färben oder zu Locken drehen. „Es ist ja schon fast üblich, dass jeder Mitarbeiter seine Privatkunden hat“, beklagt Innungsmeister Horst Hofmann gegenüber der „Presse“. Doch das ist nicht der einzige „Floh, der beißt“.

Österreichs Friseure schnaufen auch über die zusätzliche Konkurrenz durch große Friseur-Ketten. Die größte davon ist mit 183 Salons übrigens gar kein Friseur – sondern der Drogeriemarkt DM. Mehr als jede zweite der 347 DM-Filialen hat einen eigenen Friseursalon, in dem ausgebildete Friseure mehr als eine Million Kunden im Jahr bedienen. Genauso viele wie die Nummer zwei auf dem Markt, die Billig-Friseurkette Klipp mit 162 Filialen.

Bei Klipp kostet ein Damenhaarschnitt mit Waschen 25 Euro (aber „Sie föhnen selbst“). Dafür gilt das Prinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Voranmeldungen sind nicht möglich, „weil dadurch die Auslastung höher ist“, sagt Marketing-Chefin Marlene Neißl. Dafür bekommen die Mitarbeiter über das Kollektivvertragsgehalt auch einen „Bonus“ für Fleiß. In Österreich soll „ein Salon pro Monat“ eröffnet werden, setzte sich die Kette aus Wels zum Ziel.

Konkurrent: Frisur in Eigenregie

Während die Ketten expandieren, gehen immer weniger Menschen zum Friseur, stellt Hofmann fest. „Wegen der do-it-yourself-Welle“, meint er. Einfache Haarfärbungen erledigen viele zuhause – wovon DM, die zweitgrößte Drogeriekette knapp hinter Bipa, ebenso profitiert. Schließlich verkauft DM derartige Produkte im Geschäft und erwirtschaftete heuer damit einen Rekordumsatz von 516 Mio. Euro.

DM-Gründer Götz Werner lässt immer wieder mit Forderungen nach einem „Grundeinkommen für alle“ aufhorchen und will nicht durch Lohn, sondern durch „interessante Arbeitsplätze bestechen“. Tatsächlich verzeichnet die Kette großen Andrang von jungen Menschen. Beim letzten „Lehrlings-Casting“ bewarben sich 2100, 231 wurden genommen. Fast jeder zweite wird Friseur.

AUF EINEN BLICK

Fast jeder zweite lässt sich seine Haare „privat“ schneiden, beklagen die Friseurbetriebe. Die Branche bekommt zusätzliche Konkurrenz durch große Ketten. Die größte davon ist DM: In jeder zweiten Filiale ist ein Friseursalon eingerichtet. DM ist noch größer als der Billig-Friseur Klipp.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2007)

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