Hohe Teuerung bringt Notenbank in Zwickmühle

(c) AP (Bernd Kammerer)
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Im November betrug die Teuerung 3,1 Prozent. Mit einer Entspannung ist erst Mitte 2008 zu rechnen.

Wien (b.l./ju/APA).Waren und Dienstleistungen waren in Österreich im November um 3,1 Prozent teurer als vor einem Jahr. Damit kletterte die Inflation laut Statistik Austria auf den höchsten Wert seit Mai 2001. Stark verteuert haben sich im Jahresvergleich Treibstoffe (19 Prozent), Heizöl (13), Strom (neun) und Baumaterial (sieben Prozent). Nahrungsmittel verteuerten sich um 6,4 Prozent.

Nach dem für die EU berechneten „harmonisierten Verbraucherpreisindex“, wo etwa die Ausgaben für Restaurants und Hotels stärker gewichtet sind, betrug die Inflation in Österreich 3,2 Prozent und lag damit leicht über dem Schnitt der Eurozone (3,1 Prozent). Auch dieser Wert ist so hoch wie zuletzt im Mai 2001. Die niedrigste Inflation verzeichneten die Niederlande mit 1,8 Prozent, die höchste Rate Slowenien (5,7 Prozent). EU-weit war der Preisauftrieb in Lettland (13,7) und Bulgarien (11,4 Prozent) am stärksten.

„Die hohe Inflation verstärkt die Zwickmühle, in der sich die Notenbanken befinden“, sagte Wifo-Experte Josef Baumgartner zur „Presse“: Derzeit müssen sie Liquidität in den Finanzmarkt pumpen, was die Inflationsgefahr mittelfristig erhöht, eine Zinsanhebung würde aber das ohnehin rückläufige Wirtschaftswachstum abbremsen.

Bald Zinserhöhung?

„Derzeit ist es am vernünftigsten, abzuwarten“, meint Baumgartner. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB) sei aber ohnehin gering. „Es besteht sogar die Gefahr, dass die EZB die Zinsen erhöht“, glaubt IHS-Experte Helmut Hofer. Das könnte schon Ende des ersten Quartals passieren, wenn man Gewissheit habe, wie es mit der Konjunktur weiter geht.

Notenbank-Gouverneur Klaus Liebscher zeigte sich vor Journalisten „besorgt“. Das Tempo der Preissteigerung zeige, dass „einiges aus dem Ruder läuft“. Jetzt müsse man aufpassen, dass nicht eine Lohn-Preis-Spirale in Gang komme, die die Wirtschaft gefährde. Liebscher macht für die hohe Teuerung in Österreich nicht nur Rohstoff- und Energiepreise verantwortlich, sondern auch die Öffentliche Hand: Gebühren seien in letzter Zeit stark gestiegen. Die EZB werde wegen der Inflationsrisken „wachsam“ sein, sagte Liebscher. Auch die Euro-Notenbank befindet sich in der Zwickmühle, weil sie die Wirtschaft nicht schwächen, aber auch dem Preisauftrieb keinen Vorschub leisten will.

Energie hat sich gegenüber Oktober um vier Prozent verteuert. „Das ist nicht allein mit der hohen Nachfrage zu erklären“, sagt Baumgartner. Auch Spekulation treibe die Preise. Der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln schwächt sich indes ab: Zum Vormonat haben sich diese „nur“ noch um 1,1 Prozent verteuert. Dämpfend könnte im nächsten Jahr der schwache Dollar wirken, der Importe und Öl verbilligt.

Baumgartner und Hofer rechnen aber damit, dass die Inflation im ersten Halbjahr hoch bleibt. Erst dann wirke der Basiseffekt dämpfend: Nahrungsmittel haben sich vor allem ab Sommer 2007 verteuert, Treibstoffe im vierten Quartal. Ein Jahr später dürfte die Teuerung im Jahresvergleich wieder geringer ausfallen. Verbilligen dürften sich Nahrungsmittel nicht mehr so schnell, bei Energie müsse man auch 2008 und 2009 noch mit Steigerungen rechnen.

Wifo und IHS dürften in ihren Dezemberprognosen die Inflationserwartung für 2008 anheben. Im Herbst war das Wifo noch von zwei und das IHS von 1,6 Prozent ausgegangen. Erst vor einigen Tagen hat die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) ihre Inflationserwartung für 2008 von 1,8 auf 2,4 Prozent erhöht.

Ratschläge aus der Politik

Seitens der Politik hagelte es Tipps: BZÖ-Chef Peter Westenthaler forderte angesichts der hohen Teuerung, die Nettozahlungen an die EU zu stoppen und stattdessen Österreichs Familien über einen Teuerungsausgleich zu unterstützen. Die Arbeiterkammer will eine Steuerentlastung für Wenigverdiener und ein Ende der verpflichtenden Beimischung von Biotreibstoffen zu Benzin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2007)

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