Immobilienaktien: Noch kein Ende der Flaute in Sicht

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Zeiten sind hart, auch wenn in Osteuropa keine Immo-Krise droht.

WIEN. Wer sich kurz vor Silvester mit österreichischen Immobilienaktien eingedeckt hat, um das tiefe Niveau zu nützen, hat bis dato noch keine rechte Freude damit. Seit Jahresbeginn sind die im Immobilien-ATX (I-ATX) erfassten Papiere um 10,36 Prozent gefallen. Mit Ausnahme des Hotelentwicklers Warimpex, dessen Aktie um gut 13 Prozent zulegte, gaben alle anderen Titel zwischen sieben Prozent (Immofinanz) und 16 Prozent (Immoeast) ab.

Damit setzten die Immoaktien ihren Abwärtstrend fort: Binnen Jahresfrist haben sie zwischen 35,10 Prozent (Sparkassen Immo) und 49,93 Prozent (Eco Business) eingebüßt. Die nicht im I-ATX erfasste Meinl European Land erwischte es noch schlimmer: Obwohl sich die Aktie von ihren Tiefstständen wieder etwas erholt hat, beträgt der Jahresverlust noch immer minus 55 Prozent.

Schlechte News aus den USA

Der Ausverkaufsstimmung, die zuletzt an den Börsen herrschte, konnten sich auch die Immoaktien nicht entziehen – obwohl sie schon vorher stark geprügelt worden waren: Als im Vorjahr die US-Hypothekenkrise ausbrach und US-Wohnhäuser massiv an Wert verloren, reagierten vor allem die europäischen Immobilienaktien mit Preisabschlägen, weil US-Fonds Gewinne mitnahmen und Gelder aus Europa abzogen. Die amerikanischen Immobilienaktien haben noch Nachholbedarf nach unten, fürchtet UniCredit-Analyst Alexander Hodosi. Wenn sie abstürzen, würden sie die europäischen Märkte, die derzeit nervös auf Nachrichten aus den USA reagieren, mitreißen. Das bedeutet: Obwohl Immobilienaktien weit unter ihrem Substanzwert notieren und damit billig sind, könnten sie weiter fallen.

Vorerst findet das Kursgemetzel in einer anderen Region statt: „Die osteuropäischen Immobilienaktien hatten sich im zweiten Halbjahr relativ stabil gehalten, doch jetzt holen sie den Abwärtstrend nach“, erklärt Hodosi. Mit nach unten gerissen werden einmal mehr jene Österreicher, die sich stark in Osteuropa engagieren, etwa die Immoeast. Ein Grund ist die Sorge um eine Konjunkturabschwächung in Osteuropa (der Internationale Währungsfonds IWF senkte kürzlich die Wachstumsprognose für Osteuropa von um 0,6 Prozentpunkte auf 4,6 Prozent) und einen Rückgang der Immobilienpreise. Mit einer Immobilienkrise in Osteuropa rechnet zwar kaum jemand, viele Experten erkennen aber erstmals etwas wie Immobilienzyklen.

Preisrückgänge in Osteuropa

In Westeuropa ist das nichts Außergewöhnliches. Kursschwankungen bei Immo-Aktien seien mehr von diesen Zyklen getrieben als von der Weltkonjunktur, meint Erste-Bank-Analyst Gernot Jany. Auch in Wien haben die Immobilienmärkte in den vergangenen Jahren einen starken Aufschwung mit steigenden Mieten erlebt. Nun wird offenbar mit einer schwächeren Phase gerechnet.

In Osteuropa kommt es erstmals seit der Wende in manchen Segmenten zu Preisrückgängen. Betroffen sind Grundstücke in Rumänien und Bulgarien und Bürohäuser schlechter Qualität, die in den vergangenen Monaten eingekauft worden waren. Die österreichischen Immobilien-AGs beteuern, keine solchen Immobilien zu überhöhten Preisen gekauft zu haben. Allerdings bewerten sie ihre Immobilien nach den internationalen Bilanzierungsregeln IFRS. Dabei wird der geschätzte Wertzuwachs bereits verbucht, bevor die Immobilie überhaupt verkauft wurde. Starke Wertsteigerungen, wie es sie in den vergangenen Jahren in Osteuropa gab, werden damit realistischer erfasst. Die Kehrseite der Medaille: Falls jemand zu stark aufgewertet hätte und beim Verkauf Verluste verbuchen müsste, hätte das fatale Folgen für den Aktienkurs. Die Firmen wollen allerdings sehr moderat aufgewertet haben. Die Analysten sehen das ähnlich.

Anders als in Großbritannien hat sich auch keine Blase in Osteuropa aufgebaut: Die Renditen liegen noch immer über dem westlichen Niveau, die Nachfrage nach modernen Büros steigt. Die Analysten wiederholen, was sie seit Monaten sagen: Die Einstiegspreise für Immobilienaktien sind günstig. „Wir sind aber noch nicht unbedingt am Tiefpunkt angelangt“, schränkt Hodosi ein.

AUF EINEN BLICK

Seit Jahresbeginn fiel der Immobilien-ATX um mehr als zehn Prozent. Ein Grund ist neben der allgemeinen Abverkaufsstimmung an den Börsen die Sorge um den osteuropäischen Immobilienmarkt. In Osteuropa zeichnet sich erstmals ein Immobilienzyklus ab, der Markt rutscht in eine schwächere Phase. Mit einer schweren Krise rechnet aber kaum jemand.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2008)

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