Arktisches Eisenerz für die Voestalpine

(c) AP (Subhankar Banerjee)
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In der kanadischen Arktis liegen riesige Eisenerz-Vorkommen von 337 Mio. Tonnen. Aus einer neuen Mine sollen 16 Mio. Tonnen an europäische Stahl-Produzenten, darunter die Voestalpine, geliefert werden.

Ottawa. Der steirische Erzberg könnte bald nicht mehr der einzige Hauptlieferant von Eisenerz für die Voestalpine sein. Der österreichische Stahlkonzern und andere europäische Produzenten, unter anderem ThyssenKrupp, Salzgitter Flachstahl und die Roheisengesellschaft Saar, setzen auf die riesigen Erzreserven im Norden Kanadas.

Die kanadische Baffinland Iron Mines Corporation beginnt in den kommenden Wochen mit der Förderung von Eisenerzproben aus einer Lagerstätte in der Arktis. Das Material soll im Sommer an die europäischen Stahlerzeuger geliefert werden. Testläufe in Hochöfen sollen zeigen, ob das kanadische Eisenerz für die Stahlproduktion der europäischen Unternehmen geeignet ist. Von einem positiven Ergebnis wird der Bau einer Mine abhängig gemacht, aus der 2014 jährlich 18 Mio. Tonnen Eisenerz gefördert werden. 90 Prozent davon sind für Europa vorgesehen.

Langfristige Lieferungen geplant

Baffinland im kanadischen Arktisterritorium Nunavut hat dazu mit den europäischen Abnehmern Absichtserklärungen ausgehandelt. Sie sehen zunächst für fünf bis sechs Unternehmen die Lieferung von 250.000 Tonnen Eisenerz vor.

„Wir haben das Mary-River-Projekt mehrere Jahre mit den europäischen Stahlerzeugern diskutiert“, sagt Gordon McCreary, Präsident von Baffinland. „Mit der Lieferung der Proben wollen wir die Unternehmen überzeugen, dass wir metallurgisch und geologisch ihre Wünsche erfüllen. Das Ziel sind langfristige Lieferverträge.“ Die Vereinbarung mit der Voestalpine Rohstoffbeschaffungs GmbH enthält die Option für den Kauf von jährlich bis zu 1,2 Mio. Tonnen Eisenerz über eine Periode von 15 Jahren. ThyssenKrupp könnte jährlich bis zu drei Mio. Eisenerz aus Kanada beziehen.

„Wir müssen prüfen, wie Baffinlands Eisenerz mit unserer Technologie zusammenpasst“, erläutert Erwin Schneider, Sprecher der ThyssenKrupp Steel AG. Die Probeläufe seien für Herbst und Winter vorgesehen. Die Entscheidung, ob mit Baffinland Lieferverträge abgeschlossen werden, solle Ende 2008, Anfang 2009 fallen.

Neue Bahnlinie

Das Mary-River-Projekt ist eines der großen Entwicklungsprojekte in Kanadas Arktis. Die potenzielle Mine liegt im Norden der Baffin-Insel. In den vergangenen Monaten wurde von Milne Inlet, einer Bucht an der Nordküste der Insel, eine 100 Kilometer lange Straße in das Innere der Insel gebaut. Über diese Straße soll das Eisenerz transportiert und dann auf Schiffe geladen werden. Als Haupttransportweg ist aber eine 145 Kilometer lange Eisenbahnlinie durch das weitgehend unberührte Land geplant. Sie soll nach Steensby Inlet an der Südwest-Küste von Baffin führen. Von dort sollen Schiffe, die auch im Winter das Eis durchbrechen können, das Eisenerz durch die Hudson-Straße zum Atlantik und dann nach Europa bringen.

Das Eisenerz hat McCreary zufolge einen Eisengehalt von durchschnittlich 66 Prozent, was sehr hoch ist. Es handelt sich dabei um das Eisenoxid Hämatit. Baffinland hat seine Förder-Erwartungen in den vergangenen Jahren nach oben korrigiert. Zunächst wurden zehn Mio. Tonnen avisiert, jetzt geht man von 18 Mio. Tonnen aus. Metallurgische Tests hat die deutsche Studiengesellschaft für Eisenerz-Aufbereitung vorgenommen.

Schon diese Woche soll die Machbarkeitsstudie mit aktuellen Zahlen über Ressourcen und Kosten vorliegen. Frühere Berechnungen auf Basis einer Förderung von nur zehn Mio. Tonnen sahen bei Ressourcen von 337 Mio. Tonnen Erz die Lebensdauer der Mine bei 34 Jahren. Die Investition wurden mit 1,5 Mrd. Kanada-Dollar (etwa eine Mrd. Euro) veranschlagt. Da das Projekt nun viel größer ausfallen soll, dürften die Kosten deutlich höher liegen. Kanada ist mit jährlich etwa 30 Mio. Tonnen weltweit der neuntgrößte Eisenerz-Produzent.

IN ZAHLEN

In der kanadischen Arktis liegen riesige Eisenerzvorkommen von 337 Mio. Tonnen.

Aus einer neuen Mine sollen 16 Mio. Tonnen jährlich an europäische Stahlproduzenten, darunter die Voestalpine, geliefert werden. Derzeit laufen Tests.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2008)

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