OECD-Studie: Akademikerinnen sind benachteiligt

(c) Universität Salzburg
  • Drucken

In keinem Industrieland profitieren Frauen so wenig vom Studieren wie in Österreich. Die „Verdienstprämie“ für männliche Akademiker liegt bei mehr als 50 Prozent.

PARIS/WIEN (go). Laut einer neuen Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist es in keinem entwickelten Land für Frauen weniger profitabel, ein Studium zu ergreifen, als in Österreich. Amerikanerinnen und Portugiesinnen mit Hochschulabschluss verdienen um fast 90 Prozent mehr als ihre Landsfrauen, die nach dem Schulabschluss nicht auf die Uni gehen. In Österreich beträgt diese „Verdienstprämie“ nur etwas mehr als 30 Prozent.

Für Männer zahlt es sich in Österreich deutlich mehr aus, nach der Schule noch ein paar Jahre weiter zu lernen. Die „Verdienstprämie“ für männliche Akademiker liegt bei mehr als 50 Prozent.

Anders ausgedrückt: Akademikerinnen verdienen nur um ein Drittel mehr als Nicht-Akademikerinnen, Akademiker hingegen um mehr als die Hälfte.

Die OECD-Forscher haben für diesen Teilaspekt ihrer jährlichen Studie „Going for Growth“ Einkommens- und Bildungsdaten aus dem Jahr 2001 verwendet. Sie liefern keine Begründungen dafür, warum das Studium für eine Portugiesin oder Amerikanerin fast dreimal profitabler ist als für eine Österreicherin. Insofern ist es nicht möglich, aus dieser Untersuchung direkte Schlüsse auf Versäumnisse um österreichischen Bildungssystem zu ziehen.

8,5 Prozent Rendite pro Jahr

Ein Studium ist – abgesehen von der Erfüllung des persönlichen Wissensdranges – eine Investition. Soll man auf die Uni gehen und einige Jahre auf Arbeitseinkommen verzichten, oder lieber gleich nach der Schule einen Job ergreifen? Diese Frage ist entscheidend für die Neigung junger Menschen in einem Land, dessen Studienangebot zu nutzen.

Darum haben die OECD-Ökonomen den Vorteil des Studierens auch auf eine zweite Weise untersucht. Indem sie Lohnniveaus, Beschäftigungschancen, Arbeitslosengeld und erwartbare Alterspensionen, entgangenen Verdienst und die Studienkosten ins Verhältnis zum Bildungsstand der Arbeitnehmer stellten, haben sie eine „Bildungsrendite“ errechnet.

Ist es also gewinnträchtig, in die eigene Bildung zu investieren? Ja, sagen die OECD-Forscher. Im Durchschnitt bringt ein Studium eine jährliche Rendite von 8,5 Prozent. „Das ist inflationsbereinigt substanziell höher als langfristige Zinssätze und macht Bildung zu einer potenziell attraktiven Investition“, halten die Studienautoren fest. Am besten ist Lernen demzufolge in Irland verzinst: Männer erzielen dort eine Bildungsrendite von zwölf, Frauen eine von fast 15 Prozent. Österreichs Akademikerinnen liegen auch bei dieser Messweise am unteren Ende. Ihre Rendite liegt bei knapp fünf Prozent – nur in Italien ist ein Studium für Frauen weniger rentabel. Österreichs Akademiker hingegen bekommen ihre Studienzeit immerhin mit etwas mehr als sieben Prozent verzinst.

Abgesehen davon legt die OECD Österreich dieselben Reformen wie im Vorjahr nahe: Mehr Wettbewerb im Energie- und Telekommunikationssektor, niedrigere Steuerlast für ältere Arbeitnehmer, weniger bürokratische Hürden für Dienstleister – und mehr Hochschulabsolventen.

AUF EINEN BLICK

www.oecd.orgLaut OECD bringt ein Hochschulstudium in den Industrieländern eine jährliche „Bildungsrendite“ von durchschnittlich 8,5 Prozent.

Österreich belohnt Akademiker schlecht – vor allem Frauen: Ihre Rendite ist eine der niedrigsten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.