Visa-Affäre: Weniger Touristenvisa für russische Gäste

(c) AP (Uwe Lein)
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Die österreichische Botschaft in Moskau vermiest Russen den (Ski)urlaub.

WIEN/MOSKAU. Tourismusvertreter nennen es bürokratische Hürden, ein Sprecher des Außenministeriums spricht von notwendigen Maßnahmen zur Reorganisation. Fakt ist, in der österreichischen Botschaft in Moskau sind auf Anweisung des Wiener Außenministeriums Touristenvisa nicht mehr so leicht zu haben wie bisher. Dies ist direkte Auswirkung der Visa-Affäre, die gerade die Gerichte beschäftigen.

An der österreichischen Botschaft in Budapest und Belgrad waren Visa verkauft worden, der Richter im ersten Visa-Prozess – der zweite läuft gerade – hatte von Missständen gesprochen, die noch immer bestünden. Darauf regiert das Außenamt und verschärfte die Bestimmungen: Das sogenannte Vier-Augen-Prinzip wird ausgebaut und noch ernster genommen, sagt der Sprecher im Außen-Ressort. Soll heißen: Visa werden nur nach einem Gespräch vergeben, dauert das länger, können weniger Anträge pro Tage behandelt werden.

Damit würden am wichtigsten Hoffnungsmarkt des österreichischen Tourismus plötzlich weniger Visa ausgestellt. Im vergangenen Jahr gab es bei den russischen Gästen noch enorme Zuwachsraten. 178.000 Russen machten Urlaub in Österreich. Um 23 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Vor allem in den Tiroler Bergen sorgen wohlhabende Gäste aus dem Osten für steigende Umsatzzahlen. In Mayerhofen im Zillertal kommt jeder fünfte Urlauber aus Russland. Neben Ischgl zählen auch Bad Hofgastein und Zell am See zu beliebten Zielen russischer Skitouristen.

Aber auch der Städtetourismus setzt immer stärker auf das kaufkräftige Publikum aus dem Osten. Wien verzeichnete von November bis Jänner 12,2 Prozent mehr Gäste aus Russland und der Ukraine. Im Jänner stellten Russen und Ukrainer nach den Deutschen sogar die zweitgrößte ausländische Gästegruppe dar.

„Völlig inakzeptabel“

Bei den betroffenen Tourismusmanagern gibt es Aufregung: Wiens Tourismusdirektor Norbert Kettner versteht zwar die Notwendigkeit von Sicherheitsmaßnahmen, dass zu wenige Visa ausgestellt werden, sei aber „völlig inakzeptabel“. Gerade bei so einem sensiblen und großen Markt könnte man nicht ganz normale Touristen in Geiselhaft nehmen und schikanös behandeln, sagt er.

Die Nervosität der Tourismusbranche ist verständlich. Denn alleine bei der kommenden Fußball-Europameisterschaft rechnet man mit mindestens 25.000 Fans aus Russland. Das russische Team spielt nämlich in Salzburg und Innsbruck.

Erst vor wenigen Wochen inszenierte die Österreich Werbung einen riesigen Event in einem Moskauer Szene-Lokal. Hunderte Tourismus-Experten waren geladen. Mit großem Tamtam wurde Österreich als Reisedestination angepriesen. Tirol Werbung-Chef Josef Margreiter verteilte Fußball-Leiberl mit der kyrillischen Aufschrift „Herzlich Willkommen, Russland“. Und Innsbrucks Tourismus-Direktor Friedrich Kraft versprach sogar vollmundig: „Ganz Innsbruck lernt bereits Russisch.“

„Vorübergehende“ Verzögerung

Im Außenministerium ist man sich der Brisanz bewusst. Verzögerungen durch die neuen Maßnahmen würde es nur „vorübergehend“ geben, verspricht man im Außenministerium auf Anfrage der „Presse“. Es gebe ständig Koordinationsgespräche vor Ort, heißt es am Wiener Ballhausplatz. Generell gelte es jedenfalls, notwendige Sicherheitsbestimmungen und die Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen.

AUF EINEN BLICK

Bei der Ausstellung von Visa für russische Urlauber in Österreich gibt es massive Verzögerungen. Tourismusexperten schlagen Alarm. Sie fürchten Reise-Stornos und einen Imageschaden.

Grund der Verzögerung sei eine Umstrukturierung, heißt es im Außenministerium. Nachdem im Zuge der sogenannten Visa-Affäre Missstände aufgedeckt wurden, seien nun „vorübergehende“ Maßnahmen zur Reorganisation ergriffen worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2008)

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