Jaguar und Rover sind indisch

(c) AP (Phil Noble)
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Der US-Autohersteller Ford trennt sich von den britischen Marken. Der indische Autoproduzent Tata hat Jaguar und Land Rover um 1,5 Milliarden Euro von Ford erworben.

Delhi/Hamburg (saz/br/DPA). Indiens größter Automobilkonzern Tata Motors hat die Bieterschlacht um die beiden britischen Traditionsmarken Rover und Jaguar gewonnen. Bereits am Dienstagabend wurde der Kauf zum Preis von 2,3 Mrd. Dollar (1,5 Mrd. Euro) besiegelt, teilten Tata und der schwer angeschlagene US-Autokonzern Ford am Mittwoch mit.

Ford-Chef Alan Mulally sagte, er sei zuversichtlich, dass die Marken unter der Führung von Tata Motors weiter erfolgreich sein werden. Sein Unternehmen werde sich nun darauf konzentrieren, die Marke Ford weltweit zu stärken. Dazu zählen jetzt noch Ford, Lincoln, Mercury, Volvo und Mazda.

Das Bieterverfahren hatte im Juni des vergangenen Jahres begonnen, als Ford bekannt gab, dass es sich von den beiden britischen Marken trennen möchte. Der Verkauf dürfte im Sommer endgültig vollzogen werden, wenn ihn die zuständigen Regulierungsbehörden abgesegnet haben.

Ford wird bis zu 600 Mio. Dollar an die Pensionskassen von Jaguar und Rover überweisen, weshalb das Unternehmen durch den Verkauf nur 1,7 Mrd. Dollar in die eigenen Kassen holt. Der Generalsekretär der englischen Gewerkschaft der Automobilarbeiter Unite in London sagte, er sei zuversichtlich, dass die 16.000 Arbeitsplätze in den Unternehmen erhalten bleiben. Das hatte Konzernchef Ratan Tata den Angestellten zugesichert. Damals sagte er, bei einer Übernahme durch Tata würde sich in den Unternehmen nichts ändern, außer dass sie „jemandem in Indien“ gehören. Daher hatten sich die Arbeitnehmer stark für den Verkauf an den indischen Konzern ausgesprochen, insbesondere, als ein Hedgefonds Interesse an einer Übernahme gezeigt hatte.

Sorgenkind Jaguar

Mit dem Milliardendeal verliert Ford das lukrative Geschäft mit Rover. Der Konzern entledigt sich aber auch des Sorgenkinds Jaguar: Die Marke schreibt nach Darstellung von Branchenkennern noch immer rote Zahlen. Ford hatte Jaguar 1989 für 2,5 Mrd. Dollar gekauft und später für Rover eine ähnliche Summe hingelegt. Jetzt erhält Ford nicht einmal die Hälfte zurück. Trotz immenser Investitionen hat die Sportwagenmarke Jaguar immer nur Verluste gemacht.

Doch auch künftig wird Ford Jaguar und Land Rover weiter mit Motoren, Getrieben und anderen Zubehörteilen versorgen und wird auch Umweltschutz- und andere Technologien verfügbar machen.

Ford hat in den vergangenen zwei Jahren Gesamtverluste von 15 Mrd. Dollar verbucht, den größten Teil auf dem US-amerikanischen Markt. Bereits 2007 hat man den britischen Sportwagen-Hersteller Aston Martin verkauft.

Ratan Tata, der 70-jährige Unternehmenschef mit dem markanten Falkengesicht, wird in Indien seit der 12,9 Mrd. Dollar teuren Übernahme des niederländisch-britischen Stahl- und Aluminiumriesen Corus vor einem Jahr bejubelt wie ein Superstar. Die Tageszeitung Hindustan Times schreibt nun, Tata habe mit dem Jaguar-Rover-Deal „Geschichte geschrieben.“ Er habe sich einen Namen gemacht als „Übernahmetycoon“.

Tata ist eine der traditionsreichsten Marken Indiens. Die Operationen des Mischkonzerns reichen über Stahl bis hin zur Chemie. Der über 50 Jahre alte Fahrzeugbauer zählt bei Lastwagen und Bussen zu den sechs weltgrößten Herstellern. Im Pkw-Bereich produzierte Tata bisher vor allem einfachere Autos.

Exklusiv im Billigstsegment

Die Entwicklung des „indischen Volkswagens“, den Tata im Jänner vorgestellt hat, hat Ratan Tata hohes Ansehen beschert. Der Tata Nano, der knapp 2000 Euro kosten wird, wenn er in der zweiten Hälfte dieses Jahres bei den Händlern steht, hat weltweit für Aufsehen gesorgt. Denn mehrere große Autokonzerne arbeiten an einem eigenen Billigstmodell für die aufstrebenden Märkte in Südamerika, Afrika und Asien. Doch ausgerechnet die indische Firma Tata Motors war bei der Entwicklung eines solchen Billigwagens am schnellsten und hat sich das in Zukunft so wichtige Billigstsegment somit auf Jahre exklusiv gesichert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2008)

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