ÖBB-Vorstand könnte halbiert werden

(c) APA (HERBERT PFARRHOFER)
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Infrastruktur. Nur mehr Peter Klugar und Erich Söllinger, einer rot, einer schwarz, sollen offenbar von den derzeit vier Holding-Vorständen der Bundesbahnen übrig bleiben.

WIEN. Das Angebot, freiwillig zu gehen, das ÖBB-Chef Martin Huber offenbar bei Verkehrsminister Werner Faymann (SPÖ), Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) und bei ÖBB-Aufsichtsratspräsident Horst Pöchhacker hinterlegt hat, könnte angenommen werden. Derzeit finden noch Gespräche mit Pöchhacker statt, aber eine Auflösung seines Vertrages dürfte demnächst beschlossen werden, heißt es. Huber selbst soll schon Einvernehmen signalisiert haben. Und das scheint vielen recht: Der ÖVP-nahe Manager sei für die Politik zu einer Belastung geworden, ist zu hören. Der Vorwurf, dass er sich im Zuge von Immobiliengeschäften selbst bereichert hat, steht im Raum.

Sein Vertrag läuft bis zum kommenden Herbst, aber bereits heuer soll signalisiert werden, ob eine Wiederbestellung realistisch ist. Huber, der auf einem Ticket der ÖVP in die Bundesbahnen kam, hat zwar Verbündete in der SPÖ. Aber auch dort gibt es Abgeordnete, die schon lange seinen Abgang fordern.

Alles Blödsinn, dementiert sinngemäß die Bahn-Pressestelle. Das Gerücht, dass Huber den Hut nimmt, werde gezielt gestreut, um die Position des Bahn-Chefs in Frage zu stellen. „Huber verhandelt seinen Vertrag nicht“, sagt sein Sprecher Gary Pippan. Im Gegenteil, das Ziel sei, in der Sacharbeit wieder weiterzukommen, die Bahn-Organisation anzupassen, sich auf die Europameisterschaft vorzubereiten und die Stellungnahmen für die nächste Aufsichtsratssitzung am 22. April abzugeben. An diesem Dienstag in knapp drei Wochen sollen die Gutachten über die umstrittenen Spekulationsgeschäfte und Immobiliendeals der Bahn abgeschlossen sein und dem Aufsichtsrat präsentiert werden.

Erst danach werde gesprochen, wie es weitergeht, sagen die einen. Die anderen sehen den Zug für Huber schon abgefahren. Und damit die Bahn nach seinem Abgang nicht in „rote Hand“ kommt, soll auch ein weiterer Bahn-Chef abgelöst werden: Der 67-jährige Gustav Poschalko, der erst im Vorjahr in die ÖBB-Holding aufgestiegen ist. Dem langjährigen Güterverkehrsvorstand werden Vorwürfe im Zusammenhang mit Lobbying in Osteuropa gemacht. Im Zuge der Übernahme der ungarischen MÁV Cargo habe man Zahlungen nicht ganz erklären können, auch bei einem weiteren Kauf in Osteuropa gibt es offenbar Ungereimtheiten. Poschalko wird der SPÖ zugerechnet.

Poschalko statt Söllinger

Dass Poschalko zusammen mit Huber geht, wäre eine Überraschung. Denn bislang hat es den Anschein gehabt, dass eher der Sessel von Finanzvorstand Erich Söllinger sehr am Wackeln ist. Söllinger könnte man theoretisch aus den missglückten Spekulationsgeschäften einen Strick drehen. Dies soll nun offenbar nicht geschehen, auch wenn sich in der Bahn schon einige für die Position des Finanzvorstands in Stellung gebracht haben. Der einzige von den vier Holding- Vorständen, bei dem noch nicht von vorzeitigem Abgang die Rede war, ist Peter Klugar, der ebenfalls im Vorjahr bestellt wurde. Er ist der unauffälligste unter den obersten Bahn-Chefs und für die Infrastruktur zuständig.

"Die Presse" Printausgabe vom 3. April 2008

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