Die Globalisierung des Weins und ihre faulen Früchte

(c) AP (Thomas Kienzle)
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Analyse. Die Wurzeln des Brunello-Skandals liegen im Diktat sogenannter Wein-Päpste.

WIEN.Man muss in Wien dieser Tage schon sehr lange suchen, um in den Weinhandlungen einen Brunello di Montalcino zu finden. Er wurde vielerorts aus den Regalen genommen. Auch bei der Weinhandels-Kette Wein & Co sucht man ihn vergebens. „Aufgrund der unsicheren Rechtslage wird kein Brunello verkauft“, heißt es in der Filiale am Naschmarkt.

Bekanntlich wurden hunderttausende Flaschen des edlen Tropfens aus der Toskana beschlagnahmt. Die italienische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen so renommierte Weingüter wie Antinori, Banfi, Frescobaldi oder Argiano. Der Imageschaden für sämtliche Brunello-Produzenten ist enorm. Vor allem deshalb, weil just zur selben Zeit in Italien ein weiterer Weinskandal publik wurde.

70 Millionen Liter billiger Supermarkt-Wein aus Süditalien soll mit Wasser, Chemie, Zucker und sogar Schwefel- und Salzsäure versetzt worden sein. Zum Teil habe der Fusel nur noch zu 20 Prozent aus Wein bestanden, berichten italienische Medien. Hierbei handelt es sich also um eine üble Weinfälschung, die für den Konsumenten sogar gefährlich sein kann.

Der Skandal in der Toskana hat hingegen nichts mit Panscherei zu tun. Hier geht es vielmehr um einen gesundheitlich völlig unbedenklichen, aber verbotenen Etikettenschwindel.

„Brunello di Montalcino“ darf nur auf dem Etikett stehen, wenn strenge Richtlinien eingehalten werden. So verpflichten sich die Winzer unter anderem, eine gewisse Ertragsbeschränkung pro Hektar einzuhalten. Vor allem aber darf echter Brunello nur aus einer Sorte bestehen: Sangiovese Grosso.

Bei den nun aus dem Verkehr gezogenen Weinen dürfte zumindest eine dieser Bestimmungen nicht erfüllt worden sein. Gerüchte, wonach in so manchem Brunello auch Merlot und Cabernet Sauvignon enthalten sind, gibt es seit den neunziger Jahren. Nun dürfte die Staatsanwaltschaft auch Beweise haben.

Faserschmeichler gefragt

Die Crux an der Gesichte: Die Weine wurden zwar verfälscht, aber aus Rücksicht auf den Konsumenten. Denn die Geschmäcker der Weinliebhaber haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Nicht mehr die harten, tanninreichen Weine, die viele Jahre Lagerung benötigen, bevor sie Trinkreife erlangen, sind gefragt. Heutzutage sind Faserschmeichler nach dem Geschmack des amerikanischen Wein-Papstes Robert Parker angesagt. Und diesem Diktat der Wein-Rezension mussten sich sogar toskanische Patriarchen wie Marchese Piero Antinori unterwerfen. Zumal ein Viertel des Brunello in den USA getrunken wird.

Sortenrein heißt 85 Prozent

In Anbetracht der Brunello-Affäre ist es ganz gut, sich auch wieder einmal das österreichische Weingesetz in Erinnerung zu rufen. Wenn auf einem Etikett etwa „Blaufränkisch“ steht, dann muss in der Flasche mindestens 85 Prozent Blaufränkisch sein. Diese Regelung hat „kellertechnische Gründe“. Ein Winzer muss seine Fässer schließlich ganz füllen, damit der Wein nicht schlecht wird. Hat er aber nur 900 Liter für ein 1000 Liter-Fass, darf er die Differenz mit einer anderen Sorte und einem anderen Jahrgang auffüllen. Der Wein muss allerdings aus derselben Region stammen.

Es ist aber klar, dass sich viele Winzer diese Regelung aus „verkaufstechnischen Gründen“ zu Nutze machen, und ihre Weine ebenfalls gefälliger zu machen. Den Konsumenten soll es Recht sein. Ihnen bleibt somit so mach tatsächlich sortenreiner heimischer Pinot Noir erspart...

AUF EINEN BLICK

Der Weinskandal in Italien hat zwei Facetten, die miteinander nichts zu tun haben. Zum einen wurde in Süditalien Billigwein produziert, bei dem nicht Wein, sondern Wasser, Chemie, ja sogar Salzsäure dominierten. Es handelt sich also um eine Weinfälschung. In der Toskana geht es „nur“ um Etikettenschwindel. Der Brunello enthielt verbotener Weise Merlot bzw. Cabernet Sauvignon.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2008)

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