Ölpreis: 225 Dollar und noch viel mehr

(c) AP (Charlie Riedel)
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Studie. Die globale Nachfrage treibt den Preis auch in den nächsten Jahren in die Höhe, prognostiziert der Finanzdienstleister CIBC. Der höhere Bedarf in den Schwellenländern übersteigt den Rückgang in der westlichen Welt .

New York.Studien und Prognosen zum Ölpreis gibt es so viele und so divergierende wie Bohrtürme. Der kanadische Finanzdienstleister CIBC lässt nun mit einer neuen Langzeit-Energiestudie aufhorchen, weil er seine Vorschau mit globalen Trends untermauert. CIBC geht davon aus, dass der Ölpreis bis 2012 – also in nur vier Jahren – auf 225 Dollar je Barrel (Fass zu 159 Liter) steigen wird. Damit würde sich der massive Aufwärtstrend fortsetzen, den der Preis für das „schwarze Gold“ nimmt: Seit Anfang 2007 hat sich Erdöl um 136 Prozent auf fast 120 Dollar je Fass verteuert.

Viel mehr Autos

CIBC-Chefökonom Jeff Rubin erwartet, dass in Schwellenländern wie China, Indien und Russland die Nachfrage nach Öl- und Treibstoff massiv steigen wird. Ebenso in der dritten Welt, wo die Automobilzahlen explosionsartig zunehmen. Gleichzeitig geht Rubin in den OECD-Ländern von einer rückläufigen Nachfrage aus. Auch die internationale Energieagentur IEA rechnet für 2008 wegen der schwachen Konjunktur und der hohen Preise mit einem Rückgang der Nachfrage in den USA um 410. 000 Barrel pro Tag. Doch die Nachfrage in den Schwellenländern steigt viel stärker. Länder außerhalb der OECD werden nach CIBC-Berechnungen 2012 mehr als die Hälfte des globalen Ölangebots für sich beanspruchen, während sie vor zehn Jahren kaum mehr als die Hälfte des Ölkonsums der Industrieländer hatten. „Autoverkäufe in Russland stiegen 2007 um fast 60 Prozent, in Brasilien um 30 Prozent und in China um 20 Prozent. Gleichzeitig fielen sie in den USA und stagnierten in Europa“, erklärt Rubin. Treibstoffe beanspruchen die Hälfte des globalen Ölverbrauchs und stellten in den vergangenen Jahren 90 Prozent der Zuwachsraten.

Deshalb erwarten US-Energieexperten für dieses Jahr einen Anstieg der globalen Ölnachfrage um 1,2 Mio. auf täglich rund 87 Mio. Barrel. Das globale Ölangebot wird nach CIBC-Berechnungen bis 2012 aber nur um eine Mio. Fass pro Tag steigen. Die IEA prognostiziert schon für heuer einen Versorgungsengpass, weil die Förderung in der Nordsee, den USA und etlichen Nicht-Opec-Ländern zurückgeht. Selbst wenn alle Förderprojekte realisiert würden, fehlten 12,5 Mio. Barrel pro Tag – 15 Prozent des Weltverbrauchs.

Opec erhöht nicht

Die Opec trägt zu der Entwicklung bei. Der Präsident des Ölkartells, Chakib Khelil. betonte am Wochenende, die Opec werde ihre Förderquote jetzt nicht erhöhen. Die Versorgung reiche aus und die Preise seien nicht die Folge von Angebot und Nachfrage, sondern resultierten aus Spekulationen, meinte Khelil.

Alle diese Faktoren tragen nicht zu einer Entspannung an der Preisfront bei. Auch an den Märkten wird von langfristig hohen Preisen ausgegangen: Langzeitkontrakte am New Yorker Warenterminmarkt NYMEX liegen bis 2016 bei jeweils mehr als 100 Dollar je Barrel. Gewaltige Spekulationen von Hedge-Fonds und anderen institutionellen Anlegern an den Ölmärkten spielen ebenfalls eine Rolle.

Die Optimisten unter den Experten setzten hingegen darauf, dass sich der Dollar stabilisieren und die US-Notenbank ihre Zinssenkungspolitik wegen der eskalierenden Inflationsgefahren im Laufe dieses Jahres ändern könnte: Dann könnten auch die Ölpreise kurzfristig rasch nach unten umschlagen. Die Ölpreise waren nicht zuletzt wegen der langen Dollar-Talfahrt gestiegen, da Rohstoff-Spekulationen auch als Devisen- und Inflationsabsicherung eingesetzt werden.

Während in Europa der Ölpreisanstieg durch den harten Euro etwas gedämpft wird, sehen sich die USA mit einer ungeahnten Teuerungswelle konfrontiert. Die USA: Rund fünf Prozent der Weltbevölkerung von sechs Milliarden Menschen verbrauchen etwa ein Viertel des globalen Ölangebots. Die amerikanischen Treibstoffpreise zählen wegen der sehr geringen Besteuerung zu den niedrigsten der Welt – noch. CIBC rechnet jedoch bis 2012 mit einer Verdoppelung des Benzinpreises von 1,20 auf 2,25 Dollar je Liter.

AUF EINEN BLICK

Der Ölpreis hat seinen Zenit noch lange nicht erreicht. Schon 2012 könnte ein Barrel Öl 225 Dollar kosten, ergibt eine CIBC-Studie.

Die steigende Nachfrage in den Schwellenländern kann den Rückgang im Westen mehr als ausgleichen, so die Autoren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2008)

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