Viel Bürokratie durch neues Verbraucherrecht

(c) BilderBox (BilderBox.com)
  • Drucken

Ab sofort gelten für die gesamte EU einheitliche Regeln. Neuerungen bringt das Gesetz vor allem für den Online- und Versandhandel.

Am Freitag tritt das neue, EU-weit vereinheitlichte Verbraucherrecht in Kraft. Neuerungen bringt es vor allem für den Online- und Versandhandel und generell für Verträge, die Unternehmer und Verbraucher außerhalb von Geschäftsräumen schließen. Darunter fallen nicht mehr nur klassische Haustürgeschäfte oder Werbefahrten, sondern zum Beispiel auch Aufträge an Handwerker, die der Kunde in seiner Wohnung erteilt. Verbraucher haben bei solchen Geschäften grundsätzlich ein Rücktrittsrecht innerhalb von 14 Tagen.

Den Unternehmern beschert die Neuregelung, mit der das Konsumentenschutzgesetz novelliert und ein eigenes Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) erlassen wurde, vor allem viel Zettelwirtschaft und bürokratischen Aufwand: Sie müssen ihren Kunden künftig vor Vertragsabschluss zahlreiche Informationen – vom Vertragsgegenstand bis zum Rücktrittsrecht – schriftlich geben. Und zwar grundsätzlich auf Papier, ein E-Mail reicht nur, wenn der Kunde zustimmt. Nach dem Vertragsschluss muss das Geschäft im Normalfall auch noch schriftlich bestätigt werden.

Besonders heikel ist die Informationspflicht über das Rücktrittsrecht: Kann der Unternehmer nicht nachweisen, dass er sie erfüllt hat, verlängert sich die Rücktrittsfrist für den Verbraucher um bis zu ein Jahr. Mit der Folge, dass der Kunde eventuell für eine bereits erbrachte Dienstleistung nichts zahlen muss. Bestellte Waren muss man aber zurückschicken, wenn man vom Vertrag zurücktritt, und grundsätzlich auch die Kosten für die Rücksendung tragen.

Vom Rücktrittsrecht gibt es auch Ausnahmen, etwa bei dringenden Reparaturarbeiten oder maßgefertigten Waren. Für einige Bereiche gilt die Neuregelung überhaupt nicht, zum Beispiel für Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen, Wohnraummiete, Personenbeförderung, bestimmte Glücksspiele, Pauschalreisen oder Kredit- und Versicherungsgeschäfte. Für solche Geschäfte gibt es zum Teil Sonderregelungen, die ebenfalls Rücktrittsrechte – auch mit anderen Fristen – enthalten können.

Kleingedrucktes ändern

Für die betroffenen Unternehmen – auch für Handwerker und Gewerbetreibende, die oft Leistungen beim Kunden erbringen – gelte es jetzt, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), Webshops und Verträge an die neuen Informationsbestimmungen anzupassen, rät Gregor Schett, Partner bei FWP: Vor allem müssen sie auf die neue Rücktrittsfrist hinweisen, denn die gilt ab heute für alle Verträge, die in den Anwendungsbereich fallen. Wichtig für Webshops bzw. Bestellungen auf der Homepage: Der Unternehmer muss ab sofort dafür sorgen, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist. Faktisch funktioniert das so, dass der Verbraucher einen Button anklicken muss, auf dem sinngemäß steht: „Zahlungspflichtig bestellen“.

Das neue Verbraucherrecht erntete viel Kritik. Die Wirtschaftskammer beklagt den bürokratischen Aufwand, aber auch Konsumentenschützer sind nicht glücklich damit. Die Bestimmungen seien kompliziert und verschachtelt, die neuen Informationspflichten zum Teil kaum erfüllbar und Unternehmer wie Verbraucher seien von dem neuen Gesetz überrumpelt worden, meint etwa der VKI.

Laut Schett hat die Neuregelung aber auch einen Vorteil: „Aufgrund der Vollharmonisierung hat man jetzt mehr Rechtssicherheit für grenzüberschreitende Geschäfte.“ Denn die einzelnen Mitgliedstaaten können im Verbraucherschutzrecht keine weniger strengen, aber auch keine strengeren Regeln mehr festlegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.