Verlust: Baustellen in Osteuropa belasten die Telekom

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Die 400 Mio. Euro schwere Wertberichtigung für Bulgarien stürzt den Telekom-Konzern tief in die Verlustzone. Auch in Kroatien läuft es nicht rund – das Land werde aber kein zweites Bulgarien, beteuert Konzernchef Hannes Ametsreiter.

Wien. Carlos Slim sei Dank: Dass die Aktie der Telekom Austria seit Jahresbeginn um 30 Prozent zulegte und das bestperformende Telekom-Papier Europas ist, wie Konzernchef Hannes Ametsreiter am Mittwoch erklärt hat, hat sie dem Übernahmeangebot des mexikanischen Großaktionärs zu verdanken. Keinesfalls aber dem mehr als durchwachsenen Geschäftsverlauf im ersten Halbjahr, dessen negativer Höhepunkt die 400 Mio. Euro schwere Wertberichtigung für die Bulgarien-Tochter Mobiltel war.

Dementsprechend fiel das Nettoergebnis von 108 auf minus 317,8 Mio. Euro und das Eigenkapital verringerte sich von 1,512 auf 1,158 Mrd. Euro – die Hybridanleihe von 600 Mio. Euro eingerechnet. Ohne das Bulgarien-Debakel wäre das Nettoergebnis mit 100 Mio. Euro nahezu auf dem Vorjahreswert gelegen – aber auch nicht darüber. Denn im Gleichklang mit anderen europäischen Telekomkonzernen verlor die Telekom Umsatz, und zwar um 7,3 Prozent auf 1,939 Mrd. Euro.

EU-Regulierung senkt Erlös

Dafür ist nicht nur das flaue Bulgarien-Geschäft verantwortlich. Auch in Österreich läuft es nicht nach Wunsch: Der Umsatz pro Kunde sinkt – im Festnetz und im Mobilfunk. In Letzterem hat die Telekom, die mit Abstand Marktführer vor T-Mobile und „3“ ist, knapp fünf Prozent Kunden verloren, im Breitband sogar 12,5 Prozent. Außerdem schlägt die EU-Regulierung beim Roaming und der Netzzusammenschaltung zu: Bis 2016 geht Ametsreiter von 290 Mio. Euro Erlösminderung aus.

In Osteuropa hat die Telekom aber noch ein weiteres Sorgenkind: Kroatien. Dort verhagelt – neben dem harten Wettbewerb – die nach dem EU-Beitritt ebenfalls schlagend gewordene EU-Regulierung das Geschäft. Das operative Ergebnis sackte um 26,2 Prozent ab. Dass Kroatien ein zweites Bulgarien mit hohem Wertberichtigungsbedarf werden könnte, stellten Ametsreiter und der neue Finanzvorstand Siegfried Mayrhofer aber in Abrede. „Wir haben uns das genau angesehen, es gibt derzeit keinen Bedarf – und, wie wir glauben, auch zum Jahresende nicht.“

Andere Länder wie Serbien und Weißrussland laufen indes sehr gut, weshalb der Konzern an der Osteuropa-Strategie festhält. In fünf der acht Auslandsmärkte biete die Telekom schon Konvergenz – also Festnetz, Mobilfunk und Internet aus einer Hand.

Die Kapitalerhöhung über eine Mrd. Euro, für die heute, Donnerstag, in einem außerordentlichen Aktionärstreffen grünes Licht gegeben werden soll, fließt daher zunächst in die Stärkung der Finanzkraft. Erst in zweiter Linie geht es um Zukäufe. Die Geldspritze kommt überwiegend von Slims América Móvil (Amex), die rund 51 Prozent hat. Einen kleineren Teil stemmt die ÖIAG, die mit 28,4 Prozent zweitgrößter Aktionär ist.

Ametsreiter hält dennoch am Sparprogramm fest. Zu Jahresmitte wurden die Ausgaben im Vorjahresvergleich um 102,7 Mio. Euro reduziert. Dieser Wert soll etwa auch im Gesamtjahr erreicht werden. Radikale Schritte seien – trotz Mega-Abschreibung und Rückgangs im operativen Geschäft – nicht geplant, betonte Ametsreiter. Das bedeute, dass der Personalabbau, der hierzulande bis Juni 388 Stellen ausmachte, heuer auf dem Durchschnittsniveau der letzten Jahre von rund 500 Stellen liegen sollte.

Teure Sozialpläne

Die deutliche Personalreduktion in den vergangenen Jahren, vor allem in dem von Beamten dominierten Festnetzbereich – belastet die Telekom nach wie vor schwer. Zwar gebe es nur mehr 150 bis 200 Beamte ohne Arbeit, und der Rest habe diverse Sozialpläne in Anspruch genommen. Die Rückstellungen dafür bezifferte Mayrhofer in Summe mit 800 bis 900 Mio. Euro.

Für das Gesamtjahr schraubt Ametsreiter nun die Umsatzprognose zurück – wegen des „unsicheren Umfelds“. Er rechnet mit einem Umsatzrückgang von 3,5 Prozent (nach drei Prozent bisher) unter der Annahme konstanter Währungen in allen Märkten. In Weißrussland hatte eine massive Rubelabwertung der Telekom vor drei Jahren die Bilanz verhagelt. Eine Ertragsprognose gibt es ohnedies nicht. Die Investitionen sollen bei 650 bis 700 Mio. Euro liegen. Und die Dividende, die für 2014 aus der Substanz gezahlt werden muss, bleibt bei fünf Cent.

Die Anleger nahmen die wenig erfreulichen Nachrichten gelassen: Die Telekom-Aktie bewegte sich bei 7,13 Euro so gut wie gar nicht. Das hängt mit der noch laufenden Nachfrist für das Übernahmeangebot zusammen: Seit dem Slim-Offert über 7,15 Euro je Aktie pendelt der Kurs um diesen Wert. (eid)

Auf einen Blick

Die Telekom Austria ist zum Halbjahr wegen der 400 Mio. Euro schweren Abschreibung für Bulgarien mit 318 Mio. Euro in die Verlustzone gerutscht. Aber nicht nur in Bulgarien läuft das Geschäft schwach, auch in Kroatien sackte das Betriebsergebnis um 26 Prozent ab. Einen Wertberichtigungsbedarf sieht Konzernchef Hannes Ametsreiter aber nicht. In Österreich ist die Telekom nicht nur wegen des harten Wettbewerbs, sondern auch wegen der von der EU verordneten Senkung der Roaminggebühren unter Druck. Außerdem verlor die Telekom fast fünf Prozent der Handykunden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2014)

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